Transformation der Lkw-Branche: Ein bisschen Rückenwind, viel Gegenwind

Martin Hink setzt den Schwerverkehr unter Strom und baut auf Teamarbeit.
Bregenz 125 Jahre sind Lkws mit Diesel gefahren. Jetzt soll sich das plötzlich alles ändern. Martin Hink ist mittendrin in einer Transformation, die größer sein wird als jede andere zuvor. „Sie wird die Gesellschaft und uns verändern und alle Lebensbereiche erfassen“, so der Top-Manager bei Mercedes-Benz Trucks. Der 53-Jährige kümmert sich um alles, was ein Elektro-Lkw braucht. Als Head of Zero Emission Business Solution ist er Teamchef einer Mannschaft, die Großes vorhat. Bis 2030 müssen 60 Prozent der Fahrzeuge des Konzerns Co2-frei unterwegs sein. Rückenwind gibt es durch taffe EU-Gesetze. Reichlich Gegenwind auch durch interne Widerstände. Die Lösung sieht der Manager in High Performance Teams (HPT). Jeder Einzelne könne nicht gewinnen. Das gehe nur gemeinsam.

Die Herausforderungen sind riesig. Die Elektrifizierung von schweren Lkws speziell auf der Langstrecke hat gerade erst begonnen. Hink, selbst begeisterter Sportler und Teilnehmer am Wasalauf ist bewusst, dass nicht mehr als ein Anfang gemacht ist. Der Ball liege bei den Herstellern, die jetzt abliefern müssen. Dazu müssten Produkt, Infrastruktur und die Kosten stimmen. Die größten Fortschritte gibt es bei den Fahrzeugen selbst. Mercedes-Benz Truck hat vor wenigen Wochen sein erstes Langstreckenfahrzeug vorgestellt. Im nächsten Jahr soll es auf den Markt kommen. Mit 500 Kilometern elektrischer Reichweite würden 60 Prozent der Kundenanforderungen abgedeckt. „Man braucht weniger Strom im Vergleich zum Diesel, um dieselbe Strecke zu fahren“, beschreibt Hink das stärkste Argument für E-Trucks. Je mehr Kilometer man fahre, je mehr Einsätze man habe, desto wirtschaftlicher werde es. „Am Ende muss die Gesamtkostenrechnung aufgehen. Jeder, der Güter transportiert, will damit auch Geld verdienen.“ Im Vergleich zum Diesel seien E-Trucks, wie die Produktneuheit eActros 600, bereits auf Augenhöhe unterwegs.

Bei der Infrastruktur steht die Elektrifizierung indes noch auf der Startlinie. Europaweit gibt es höchstens zwei Dutzend geeignete Ladestationen für E-Trucks. Wer aber investiere, wenn noch keine Kunden unterwegs seien, beschreibt Hink das Henne-Ei-Prinzip. Reichlich Geld müsse demnach auch in die Netze fließen. Ein Transportunternehmen mit 200 Lkw würde auf einen Stromverbrauch einer 10.000-Einwohner-Stadt kommen.

„Infrastruktur, Stromnetze, neue Wettbewerber und Unsicherheit beim Kunden“, beschreibt der Manager den vorhandenen Gegenwind und setzt im Unternehmen ganz auf das High-Performance-Team-Konzept „Wir brauchen eine gemeinsame Vision, ein gemeinsames Ziel.“ Darauf müsse sich das Team verständigen und einlassen. Geschehe das nicht, werde man auch keinen Erfolg haben, sieht Martin Hink viele Parallelen zur Sportwelt.

„Was ist der Beitrag eines jeden Teammitglieds, um das Ziel zu erreichen“, zieht der Hobby-Langläufer einen weiteren Vergleich. Ohne das geklärt zu haben, werde man als Team nicht weiterkommen. Es müsse abgegrenzt werden, wer was macht. „Sonst steht man sich gegenseitig auf den Füßen.“
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Zuletzt wurden Teams mit den Herausforderungen der Transformation neu zusammengestellt. „Wir haben Generationen, die jetzt miteinander arbeiten, die unterschiedlichste Auffassungen von Leistung und Arbeit haben“, so Hink. Sie zusammenzubringen, sei die große Kunst. Das könne nur in High-Performance-Teams mit sehr viel Kommunikation und Interaktion gelingen.
Zur Person
Martin Hink
Managing Director bei Mercedes-Benz Trucks
Funktion Head of Zero Emission Business Solution
Alter 53 Jahre
Privat Familienvater aus Lampertheim, begeisterter Hobby-Langläufer, spricht sieben Sprachen