Hinein ins schillernde Wunderland

Im Kunstraum lässt Stefan Waibel die Besucher zwischen bizarren Blumen lustwandeln.
DORNBIRN. Betritt man derzeit die Montagehalle des Kunstraum Dornbirn, kommt man sich ein bisschen vor wie Alice, die in den Kaninchenbau geschlüpft ist. Das Wunderland im Kunstraum entpuppt sich als eine Rauminstallation des Dornbirner Künstlers Stefan Waibel und entführt in ein neon-schillerndes Biotop, in dem man unter märchenhaft überdimensionierten, sich sanft im Wind wiegenden farbigen Blumen und Gräsern lustwandeln kann.
Verkünstlichung
„Ideal Nature Machine“ nennt sich die Inszenierung und die 2008 begonnene Werkserie von Stefan Waibel, der hierzulande durch Serien wie „Alpenwarriors“ – übermalte Fotografien von Kühen – vor allem als Maler ein Begriff ist.
Längst aber lässt sich der Künstler, der relativ spät zur Kunst gekommen ist und im Umfeld des Surrealistischen begonnen hat, nicht mehr nur in die Malerschublade zwängen, sondern bedient sich selbstverständlich und intelligent verschiedenster Techniken und Medien. Neben der Illusion, die Waibel in seinem Werk immer wieder bedient, existiert seit den frühesten Zeichnungen auch eine thematische Konstante, die Waibel in allen Sparten durchdekliniert: das kritisch betrachtete Verhältnis von Mensch und Natur als Verkünstlichung, die Stefan Waibel im Kunstraum völlig ironisch, fast schon an der Grenze zum Zynismus, auf die Spitze treibt. Wie nehmen wir Natur wahr, hinterfragt der Künstler in seiner Arbeit. Und ist das, was wir als Natur zu erkennen glauben, nicht schon längst Kulturlandschaft? Mit Formen, Farben und Bewegung wird die Illusion einer Blumenwiese erzeugt. Aber nichts, rein gar nichts an dieser Natürlichkeit ist natürlich.
Eisen und Draht, fluoreszierende Farben und das in der Natur nicht vorkommende Schwarzlicht sind die absolut künstlichen Komponenten, mit denen der Natureindruck, als die gewollte Illusion, erzeugt wird. Denn der Betrachter nimmt die Installation unweigerlich als Darstellung natürlicher Erscheinungen wahr. Doch die Umkehrung des Spannungsverhältnisses, auf das Stefan Waibels Arbeit abzielt, die Desillusionierung, folgt der Illusion unmittelbar.
Die Natur kann warten
Die ideale Maschine, die der Titel antönt, ist ein „Flop“, wie es Kunstraum-Leiter Thomas Häusle salopp formuliert. Um die Illusion durch Licht und den Luftstrom der Ventilatoren zu erzeugen bzw. aufrechtzuerhalten, wird, völlig ineffizient, jede Menge Energie verbraucht. „Die ganze Maschine wendet sich quasi gegen das, was sie abbildet“, sagt Stefan Waibel, der seine Installation mit den filigranen Drahtskulpturen, zu denen auch Insekten zählen, als dreidimensionale Zeichnung im Raum sieht. Erstmalig in diesen Dimensionen und begehbar realisiert, stellt „Ideal Nature Machine“ für Thomas Häusle auch ein spannendes kuratorisches Experiment dar, als der Versuch, das eine, richtige Werk im richtigen Raum zu zeigen. Ein Versuch, der aufgeht, denn Raum und Werk scheinen, auch innerhalb der thematischen Klammer des Kunstraum Dornbirn, wie füreinander gemacht. Künstlich oder natürlich? Das Umherstreifen zwischen Gräsern und unter neonfarbenen Mohnblumen und Narzissen ist auch ein zutiefst sinnliches Erlebnis, in das sich das an Insektensirren erinnernde Ventilatorengeräusch mischt. Das Artifizielle wird zum Genuss, die Natur draußen kann einstweilen getrost warten. Denn eigentlich ist ja die Natur selbst, zumindest solange der Mensch seine Finger nicht im Spiel hat, konkurrenzlos die perfekte „Maschine“.
Zur Person
Stefan Waibel
Maler, Zeichner, Grafiker und Installationskünstler
Geboren: 1970 in Lustenau
Ausbildung: Akademie der Bildenden Künste in Wien (Meisterklasse Arik Brauer, Sue Williams)
Laufbahn: zahlreiche Ausstellungen und Beteiligungen, u.a. in Vorarlberg, Wien, Zürich, Frankfurt
Auszeichnungen: u.a. Jubiläumsfonds Sparkasse Dornbirn
Wohnort: Wien
Die Ausstellung wird heute, Do, 26. Juni, um 20 Uhr im Kunstraum Dornbirn, Jahngasse 9, in Dornbirn eröffnet. Geöffnet bis 24. August, Di bis So, 10 bis 18 Uhr.
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