Winterbilder der etwas anderen Art

Neue Zeichnungen auf Leinwand und Videoarbeiten von Ines Agostinelli in der Galerie.Z.
Hard. Lust in ein Bild zu tauchen? In der Ausstellung der Vorarlberger Künstlerin Ines Agostinelli in der Harder Galerie.Z wird diese unmittelbare Bilderfahrung im großen, wandfüllenden Format möglich.
Raunächte
Zuletzt projektspezifisch vor allem mit Fotografie, Film, Sound, Installation und konzeptuellen Arbeiten befasst, besinnt sich Ines Agostinelli mit der Zeichnung auf ein Medium, das ihr Schaffen an der Schnittstelle zwischen dem Universalen und Individuellen wie ein Grundton unterlegt. Erinnerung, die eigene Biografie und Körperwahrnehmung sind für die Künstlerin wichtige Ansatzpunkte, die sie in Bezug zu kollektiven Mechanismen setzt. Im Mittelpunkt der aktuellen Schau stehen zwei monumentale Leinwände, ca. 5 mal 2 Meter, die eine Seite des Raumes fast tapetenartig bedecken. Auf einen Bildgrund aus abstrakten Farbsetzungen in Acryl strichelt Ines Agostinelli organisch-körperhaft anmutende Formen in Grafit, wie man sie aus ihren jüngsten Serien von Zeichnungen kennt. Kugelig, dann wieder an Wurzeln oder Muskelstränge erinnernd, kontrastieren sie den gestischen Malgrund mit seinen Farbexperimenten in Preußischblau und einem von der Geschichte der Kunst noch nicht okkupierten Neongelb. Flüssig, mit viel Wasser verdünnt und zuweilen durchscheinend wie ein Aquarell, bei Minustemperaturen zu Eiskristallen, -blumen und wundersamen Formen fixiert, sind die großen Leinwände in den legendenumrankten Raunächten zwischen Weihnacht und Neujahr im Garten der Künstlerin in Hörbranz entstanden. Nur bedingt steuerbar, lässt Agostinelli der Farbe in diesen etwas anderen „Winterbildern“ freien Lauf und die Formen sich selber finden. Jenseits von Konzept und Sprachlichkeit angelegt, steht der Titel der Ausstellung, den man knacken muss wie ein Schloss, dem sinnlichen Erleben des Betrachters fast ein wenig im Weg.
Metapher des Flüchtigen
Hinter „Complete Agent/Das wird es gewesen sein“ verbergen sich die Kognitionswissenschaft und die These von der Interaktion zwischen der Außenwelt und der aus Bewusstsein und Körper bestehenden Gesamtheit des handelnden Organismus. Oder einfacher ausgedrückt: Wissensaneignung und das Erforschen der damit einhergehenden Prozesse, verbunden mit dem Begriff „Embodiment“ (Verkörperung), sind Thema der Künstlerin. Zunächst geht es aber einfach ums Schauen und darum, dass es das – entgegen dem Titel – eben noch nicht gewesen ist, weil wir alle Möglichkeiten immer wieder neu haben, wie es der Videoloop
„we still have all opportunities“ suggeriert. Auch die zweite Videoarbeit, „Untrained Travellers“, spielt mit flüchtigen Passagen. Zusammengestellt aus Tausenden Einzelfotos, während eines Stipendienaufenthalts an Pariser End- und Umsteigebahnhöfen aufgenommen, kreuzen sich hier zu den Hauptverkehrszeiten die Schicksale und Lebensgeschichten unzähliger Menschen. Die Spuren, die sie an diesen Orten des Transits hinterlassen, sind flüchtig.
Ines Agostinellis Arbeit ist nicht nur eine schöne Metapher für unser Dasein auf dieser Welt, sondern auch der Aufruf, die Zeit und die Möglichkeiten für sich zu nutzen.
Zur Person
Ines Agostinelli
Zeichnerin und Medienkünstlerin
Geboren: 1978 in Bregenz
Ausbildung: Studium der Medien- und Raumkunst, Universität für Angewandte Kunst Wien; Studium der Fotografie und visuellen Medien, sowie Grafik, in Wien
Laufbahn: zahlreiche Ausstellungen und einige kuratorische Projekte
Auszeichnungen: u.a. Staatsstipendium (2012) und Atelierstipendium in Paris (2013) für künstlerische Fotografie, BMUKK
Wohnort: Hörbranz und Schruns
Die Ausstellung wird heute, Do, 5. Februar, 19.30 Uhr in der Galerie.Z, Landstraße 11, in Hard eröffnet und ist bis 7. März zu sehen, Di und Do 18 bis 20 Uhr, Sa 10 bis 12 Uhr sowie nach Vereinbarung unter 0650 6482020.
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