Mut und Menschlichkeit

„Mit großen Taten prahlen wir nicht“, erläutert Ilse-Margret Vogel ihren Widerstand gegen den Nazi-Terror.
Erzählungen. (VN-salg) Immerhin aber, so fährt sie fort, „halfen wir Menschen, die aus rassischen oder politischen Gründen verfolgt und schikaniert wurden.“ Weshalb sie trotz der Bombenangriffe in der Großstadt blieb, statt in ihre kleine Geburtsstadt zurückzukehren, erklärt sie mit folgenden Worten: „Unter den Berlinern, bekannt für ihren Widerstandsgeist, ihren galligen Humor und ihre Unabhängigkeit, waren Personen wie ich sicherer.“
Mut war natürlich nötig. Aber mit Kaltschnäuzigkeit, also Mut im Kleinformat, ließ sich bereits so manches gewinnen, wie mehrere der hier in „Über Mut im Untergrund“ im Rückblick erzählten Episoden voll Witz und Aberwitz beweisen. Ungeschönt ist auch die Darstellung der Beziehung zwischen den diversen Schützlingen Vogels und der Autorin. Sie lässt keinen Zweifel daran, dass das Verhältnis manchmal problematisch und gegenseitige Sympathie nicht unbedingt zwingend war. Sie half um eines Menschen willen.
Wie großartig diese ihre Selbstverständlichkeit war, erwähnt Vogel nie, im Gegenteil, man fragt sich als Rezipient, ob ihr das bewusst war. Was ihr hingegen schnell und leidvoll klar wurde, waren nach 1945 die Wiederkehr und der wachsende Einfluss jener, die gestern noch Sieg und Heil gebrüllt hatten.
Sowenig Vogel mitgebrüllt hatte, so eisern blieb sie in ihrer Unversöhnlichkeit gegenüber ehemaligen Tätern. Sie wanderte aus. Erst in die Schweiz, dann in die USA. Viele Jahre Abstand zum Erlebten waren notwendig, bis die vorliegenden Erinnerungen auf Bitten ihrer Freunde entstehen konnten.
Ilse-Margret Vogel: „Über Mut im Untergrund. Eine Erzählung von Freundschaft, Anstand und Widerstand im Berlin der Jahre 1943-1945“, Hg: Jutta Hercher, Barbara Schieb, Lukas Verlag,
200 Seiten
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