Christa Dietrich

Kommentar

Christa Dietrich

Entscheidende Theaterspielzeit

Kultur / 11.05.2016 • 20:27 Uhr / 4 Minuten Lesezeit

Eine Auslastung von 80 Prozent ist kein Ergebnis, das zum Jubeln veranlasst, Katastrophen sehen aber auch anders aus. Jedenfalls lässt sich sagen, dass sich die Erwartungen, die mit dem vom Hieronymus-Bosch-Triptychon abgeleiteten Spielzeitmotto „Der Garten der Lüste“ einhergingen, nicht erfüllt haben. In der nun zu Ende gehenden Saison am Vorarlberger Landestheater wurden allerdings auch einige Fehler begangen. Die einzige große, gemeinsam mit dem Symphonieorchester Vorarlberg produzierte Opernproduktion, Mozarts „Entführung aus dem Serail“, stand unter keinem guten Stern. Die Tickets waren weit weniger begehrt, als man es gewohnt war. An der dichten Inszenierung von Sigrid Herzog kann es nicht gelegen sein, einerseits stand aber nach der Premiere fest, dass sich das Orchester in keiner guten Form befindet, und andererseits könnte der durchaus plausible Verzicht auf einen Chor zu diesem Einbruch des Interesses geführt haben. Beinahe hinter jedem Chormitglied steht eine kleine Schar von Besuchern, die man möglicherweise nicht erreichte oder nicht trotzdem zu erreichen versuchte. Die Uraufführung von „Medusas Kind“ war beinahe ein Desaster, das nicht der jungen österreichischen Autorin Petra Maria Kraxner anzukreiden ist. Die von der Dramaturgie umgeschriebene Fassung erwies sich als keinesfalls besser als der ursprüngliche Text. Niemand nimmt einem Intendanten übel, wenn er eine Uraufführung gut begründet absagt oder verschiebt, so fragte man sich aber, wo der Intendant während der Produktionsphase denn überhaupt war.

 

Die zweite Uraufführung, „Zeit der Wirren“ von David Frühauf, verpuffte unter ihrem Wert, der sprachlich hoch interessante Text wurde von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, entwickelt das Theater doch wenig Ehrgeiz, seine Förderung junger Autoren auch entsprechend zu vermarkten. Ein derartiger Text ließe sich eventuell veröffentlichen, den in Berlin lebenden österreichischen Autor hätte man auch im Rahmen einer Lesung präsentieren können. Überhaupt scheinen sich die Marketing-Ideen bei den sicher gelungenen Plakaten erschöpft zu haben. Dass das Landestheater – nach jahrelangem Verhandlungskampf – nun endlich Hauptmieter im der Stadt Bregenz gehörenden Haus am Kornmarkt ist und hier somit zu jeder Zeit schalten und walten kann, wie es will, spürt das Publikum kaum.

Gelegentlich nach draußen zu gehen, hat sich immer bewährt. Erfreut nimmt man zur Kenntnis, dass in der kommenden Spielzeit wieder der Platz vor der Wallfahrtskirche in Bildstein bespielt wird. Und heuer im Mai zieht man mit einem „Imaginären Paradies“ ja noch ans Bodenseeufer. Das Areal ist klein, die Besucherzahl lässt sich damit nicht erhöhen, aber neues Publikum ansprechen. Alexander Kubelka wird es brauchen. Dass er sich nach neuen Herausforderungen umsieht, wenn das Land nicht heuer noch bezüglich der Verlängerung seines Vertrages auf ihn zukommt, hat er in einem Gespräch mit den VN bereits kundgetan. Wie er in die nächste Spielzeit startet bzw. wie diese sich in den ersten Monaten entwickelt, wird wohl ausschlaggebend für die Zukunft des Landestheaters sein. Die Jugendschiene läuft gut, der Jugendclub ist aktiv und zieht immer mehr junge Leute an. Das ist wunderbar, aber noch keine Basis.

Wie Kubelka in die nächste Spielzeit startet bzw. wie diese sich entwickelt, wird wohl ausschlaggebend für die Zukunft des Landestheaters sein.

christa.dietrich@vorarlbergernachrichten.at, 05572/501-225

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