Mit einer starken Frau vor den Toren der Kirche

Vorarlberger Landestheater setzt wieder auf Klassiker, hat aber auch Uraufführungen im neuen Spielplan.
Bregenz. (VN-cd) „Wir sind alle aufgerufen, unsere Meinung zu äußern, Standpunkte zu entwickeln und nicht einfach nachzuplappern“, erklärte Alexander Kubelka zum Spielplan für die Saison 2016/2017, der in einem handlichen Buch zusammengefasst wurde, an dem eigens ein Kugelschreiber angefügt ist, mit dem der Besitzer erstens seinen Namen eintragen und zweitens den Raum für Notizen füllen sollte. Das Vorwort selbst klammert die aktuelle gesellschaftspolitische Situation, auf die hier angespielt wurde, aus, verweist aber auf die rabbinische Exegese, nach der der Erschaffung der Welt 26 Skizzen vorausgegangen sind. „Entwürfe“ lautet das Motto der kommenden Saison am Vorarlberger Landestheater, die mit der Nachwirkung der nun zu Ende gehenden beginnt. Die österreichische Bachmann-Preis-Trägerin Maja Haderlap wollte zwar keinen Stückauftrag annehmen, weil sie mit einem neuen Roman beschäftigt ist, zum Abfassen eines Musiktheaterlibrettos war sie aber zu bewegen. Ihr Werk „Das Paradies oder nach Eden“, vertont von Nana Forte, spielt noch auf das Triptychon „Der Garten der Lüste“ von Hieronymus Bosch an, das der laufenden Spielzeit vorangestellt wurde.
In Verbindung zu diesem Gemälde steht auch noch das Auftragswerk „Die Hölle“ von Rafael Spregelburd. Das Stück des argentinischen Autors, den das Theater Kosmos mit „Alles“ in Vorarlberg bekannt machte, wird im Februar nächsten Jahres uraufgeführt. Die Hölle spielt übrigens auch in der traditionellen Musiktheaterproduktion eine Rolle, die das Theater gemeinsam mit dem Symphonieorchester Vorarlberg realisiert. Glucks „Orpheus und Eurydike“ wird vom vor allem in Deutschland und bei der Styriarte in Graz tätigen Dirigenten Michael Hofstetter musikalisch geleitet, der Intendant selbst übernimmt die Regie.
Auslastungseinbruch
Während das ökonomische Ergebnis sehr erfreulich sei, musste Werner Döring, Geschäftsführer der Kulturhäuser Betriebsgesellschaft, von einer geringeren Auslastung berichten. Die 85 Prozent des Vorjahres seien nicht zu halten gewesen, derzeit befinde man sich bei 80 Prozent. Einfach Klassiker aneinanderzureihen sei keine Strategie, die er verfolgen möchte, verteidigte sich Kubelka, „Im weißen Rössl“ werde es bei ihm nicht geben. Klassiker – ältere wie moderne – hat man allerdings im Paket, das gemeinsam mit der neuen Chefdramaturgin Britta Kampert geschnürt wurde. „Der Geizige“ von Molière wird von Heike Frank inszeniert, Turrinis „Josef und Maria“ ist die Übernahme einer Regie-Arbeit von Kubelka in Düsseldorf, „Mein Kampf“, George Taboris geniale Auseinandersetzung mit dem Karriereentwurf von Hitler, wird von Matthias Rippert umgesetzt und in Horváths „Jugend ohne Gott“ stehen auch jene Mitglieder des Jugendclubs auf der großen Bühne, die von Nina Fritsch engagiert betreut und gefördert werden. Finanzielle Unterstützung erfahren die Jugendlichen übrigens auch vom von Martin Sagmeister geleiteten Verein der Theaterfreunde, der heuer die Finanzierung des Haderlap-Librettos ermöglichte und weiter wachsen will.
Zum Finale verlässt man das Haus. Schillers „Jungfrau von Orleans“, die Gott und das Gewissen über die Kirche stellte (und dafür verbrannt wurde), kommt in der Inszenierung von Bettina Bruinier vor die Wallfahrtskirche in Bildstein.
Wir sind alle aufgerufen, Standpunkte zu entwickeln.
Alexander Kubelka
Vorarlberger Landestheater 2016/17
Premieren im Großen Haus
» Das Paradies oder nach Eden von Maja Haderlap und Nana Forte (Musiktheater)
» Der Geizige von Molière
» Josef und Maria von Peter Turrini
» Pippi Langstrumpf von Astrid Lindgren
» Mein Kampf von George Tabori
» Orpheus und Eurydike von Christoph Willibald Gluck (Musiktheater)
» Jugend ohne Gott von Ödön von Horváth
» Fellinis Schiff der Träume nach Federico Fellini
» Und jetzt die Welt und Und dann kam Mirna von Sibylle Berg
» Die Jungfrau von Orleans von Friedrich von Schiller
Premieren im Kleinen Haus
» Die Hölle von Rafael Spregelburd
» Wenn mein Glück aussetzt, bin ich verloren von Manuela Alphons (Text- und Liederabend)
» Michael Kohlhaas nach Heinrich von Kleist
Junges Theater
» Tschick nach Wolfgang Herrndorf
» Atlas der abgelegenen Inseln nach Judith Schalansky
» Nachts – Warum Erwachsene so lange aufbleiben müssen von Alexandra Helmig
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