Im Wesen eine Kämpferin, die Stellung zu beziehen versteht

Kultur / 12.05.2016 • 18:56 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Flucht und Migration sind aktuell die großen Themen der Hohenemser Künstlerin Mariella Scherling-Elia. Foto: AG
Flucht und Migration sind aktuell die großen Themen der Hohenemser Künstlerin Mariella Scherling-Elia. Foto: AG

Die Galerie.Z präsentiert Textarbeiten und eine Installation von Mariella Scherling-Elia.

HARD. Flucht und Migration, aber auch die Vergänglichkeit sind aktuell die großen Themen der aus Italien stammenden und in Hohenems lebenden Künstlerin Mariella Scherling-Elia.

„Le cose cambiano“ – „Die Dinge ändern sich. Die Menschen nicht“, sagt mit Mariella Scherling-Elia eine Frau, die es wissen muss. Und die sich dennoch nicht beirren lässt. Unermüdlich malt und zeichnet sie gegen ihre eigene Aussage an, bezieht seit vielen Jahren als Mensch und als Künstlerin, in ihrem Denken und Schaffen, Stellung. Im Wesen eine Kämpferin, setzt sich Scherling-Elia für die Schwachen und Unterdrückten, für Frauen und Kinder ein. Gesellschaftspolitische Themen, ihre Herkunft, die Umwelt, vor allem aber auch Körper und Gewalt dominieren ein Werk, das sich in den letzten Jahren verstärkt der Sprache zugewendet hat. Waren es zu Beginn noch die Texte von Thomas Bernhard, die sie als visuellen Rhythmus und Zeichen auf Papier oder Leinwand zwischen Schrift und Bild „gehämmert“ hat, so gesellt sich in den jüngsten Textarbeiten durch die Lesbarkeit die inhaltliche Ebene unmittelbar dazu. Auf handgeschöpftem Papier, auf textiler Unterlage oder auf gelben Putztüchern agiert Mariella Scherling-Elia nicht weniger kritisch, nicht weniger insistierend, bringt ihren Standpunkt vehement oder mit zarter Poesie ins Bild. Neben großformatigen Arbeiten finden sich auch kleinere Zettel und Blätter, Notizen, Skizzen, kleine Manifeste und Pamphlete, als ein Staccato von Gedanken und pulsierenden Projektideen, die Kopf, Herz und Hand der Künstlerin in einem verkörpern. Nicht, dass sich die Dinge nicht auch malen ließen, meint die Künstlerin, aber „das Wort ist für mich ein Wesen“ – und schreibt einfach „drauflos“. Wenn die Gedanken weiterfließen und das Blatt zu Ende ist, heißt es am Bildrand lapidar: „Das Papier ist ausgegangen.“

Welche Form hat die Seele? Rund oder eckig? fragt Scherling-Elia in einer Arbeit, oder hinterlässt auf einem Tuch „Jeden Tag ein Zeichen“, einmal zornig, einmal harmonisch, immer wenn sie vorbeigeht. Die persönlichste, ergreifendste und humorvollste Arbeit in der Ausstellung und zugleich eine Standortbestimmung ist aber eine Installation mit einem Sammelsurium an Objekten, die der Alltag und die verstreichende Zeit so hergeben.

Liebe, Alter, Macht

Geborgen in einer Vitrine, versehen mit Kommentaren, hortet die Malerin, Zeichnerin und Installationskünstlerin ihre Schätze. Wichtigkeiten und Nichtigkeiten, wie ein Häufchen Heu aus der Poebene, das „hier auf Urlaub“ ist, ein Stück Weihnachtskaktus, das Wurzeln schlägt, anstatt zu blühen, Zigarettenstummel oder ausgehöhlte, trockene Brotscheiben werden zu Metaphern für Begriffe wie Liebe, Alter, Macht oder Potenz. Haare, die sich verfärben, der Weizen, der zu Spaghetti wird, oder die Blätter, die nicht mehr grün, sondern braun sind – sie unterliegen der Vergänglichkeit und Transformation. Ja, die Dinge ändern sich offensichtlich. Zuweilen, so bleibt zu hoffen, ändern sich in der Betrachtung der Dinge vielleicht auch Menschen.

Zur Person

Mariella Scherling-Elia

Geboren: 1929 in Aprigliano/Italien

Ausbildung: Akademie in Florenz

Laufbahn: zahlreiche Projekte, Studienreisen und Ausstellungen, u. a. in Vorarlberg, Wien, Mailand und Tokio

Auszeichnungen: Ehrengabe Land Vorarlberg 2010

Wohnort: Hohenems

Die Ausstellung ist in der Galerie.Z in Hard, Landstraße 11, bis 4.Juni geöffnet; Di und Do, 18 bis 20 Uhr, Sa, 10 bis 12 Uhr.

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