Walter Fink

Kommentar

Walter Fink

Menschen leiden, Banken leben

Kultur / 13.05.2016 • 20:03 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Wieder einmal geht es um finanzielle Hilfe für Griechenland, wieder einmal lassen die EU und der Internationale Währungsfonds das Land zappeln, ob es die notwendigen Milliarden bekommt. Und das, obwohl das griechische Parlament wieder Einschränkungen für die Bevölkerung beschlossen hat. Gegen Tausende Demonstranten auf dem Syntagma-Platz, gegen Menschen, die jetzt schon vor dem Nichts stehen. Die „Milliardenhilfe für Griechenland“ hat zu folgendem Ergebnis geführt: Mehr als 25 Prozent der Menschen sind arbeitslos, bei den Jugendlichen sind es fast 50 Prozent. Und das, obwohl Hunderte Milliarden Euro nach Griechenland geflossen sind. Bei den Menschen ist davon allerdings nichts angekommen.

 

Ich kenne ein kleines Dorf auf einer griechischen Insel, wunderbar liegt es in den Bergen über dem Meer. Ein Traumplatz – zumindest für die, die herkommen, um die Aussicht zu genießen und dabei einen Ouzo zu trinken. Gerade einmal 200 Seelen zählt das Dorf. Vor Jahren waren hier glückliche Menschen, die ihr bescheidenes Leben fristeten. Fast nur Alte leben hier, die Jungen sind alle an die Küste gegangen und hoffen dort auf Arbeit im Tourismus. Seit die „Milliardenhilfen“ nach Griechenland kommen, sieht die Welt im kleinen Bergdorf anders aus. Heute ist der größte Teil verarmt, denn den Alten wurden die Pensionen mehrmals gekürzt, heute haben sie meist gerade noch die Hälfte von dem, was sie vor den „Hilfen“ hatten. Krankenversicherung können sich die wenigsten leisten, den Zahnarzt sowieso nicht. Auch der früher „heilige“ tägliche Besuch im Kafenion ist für die alten Männer nicht mehr möglich, denn der Euro für den griechischen Kaffee ist nicht mehr im Budget. Traurigkeit ist im Dorf eingekehrt, Verzweiflung ist allgegenwärtig.

 

Wie kann das sein, wo doch Hunderte Milliarden nach Griechenland fließen? Ganz einfach: Dieses viele Geld kommt nicht zu den Menschen, sondern zu den Banken. Bis zu achtzig Prozent sind in die Rettung griechischer Banken oder in Rückzahlungen des Staates geflossen. Für die Menschen ist nichts mehr geblieben, im Gegenteil, denen wurde noch vom Wenigen, das sie hatten, genommen. Das zeigen neue Untersuchungen, die in den wichtigen europäischen Medien veröffentlicht wurden. Mich wundert nicht, dass die Griechen demonstrieren, mich wundert, dass sie nur demonstrieren. Die Frage ist, wie lange das so bleibt.

Bis zu achtzig Prozent sind in die Rettung griechischer Banken oder in Rückzahlungen des Staates geflossen. Für die Menschen ist nichts mehr geblieben.

walter.fink@vorarlbergernachrichten.at
Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.

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