Spiel auf weißem Grund

In der Galerie allerArt sind neue Arbeiten der Vorarlberger Künstlerin Ilse Aberer zu sehen.
BLUDENZ. (VN-ag) Weiße Wände, eine lichte Decke und ein weißer Boden – eigentlich kann man sich die Arbeiten von Ilse Aberer nur schwer an einem anderen Ort als derzeit in der Galerie allerArt vorstellen.
Schwarze Skyline
Vier weiße Streifen, verschieden breit, jeweils verschmälert oder vergrößert im Goldenen Schnitt, übereinandergelegt, in einen Rahmen gefügt, an dessen Kanten sich die mit Farbe unterlegten Streifen wieder an mindestens einem Punkt im Goldenen Schnitt berühren – wie viele Varianten des Übereinanders und Aufeinandertreffens gibt es? Ilse Aberer hat in der Serie „Stacks“ nicht alle Möglichkeiten durchgespielt, aber die Idee vom Zwei- ins Dreidimensionale und wieder zurück gesponnen. So entstehen aus dem Verschränken und „Plattdrücken“ in der Fläche 16 weiße Objekte aus Holz, ein Arrangement aus grafischen Mustern und Zeichen an der Wand, das mit einer Anordnung von ebenfalls 16 Bleistiftzeichnungen korrespondiert, die die nicht sichtbaren Kreuzungen ins Bild setzen. Weitere Varianten überträgt die Künstlerin als sternförmiges Liniengeflecht in die Malerei oder in das Objekt „Black Town“. Dabei handelt es sich um die schwarz bemalten, ausgeschnittenen und gesammelten Teile, die Ilse Aberer zu einer Skyline, einer Stadtlandschaft aus aufragenden Spitzen und Erhebungen, arrangiert. Ordnungssysteme hat es im Schaffen der Vorarlberger Künstlerin immer schon gegeben. Zahlen, Buchstaben, Raster, klare Regeln, rationale Teilungen und harmonische Verhältnisse, selbst auferlegte Beschränkungen, situieren ihr Werk in der Nähe der konkreten Kunst, um deren strengen Dogmen jedoch mit kühner Leichtigkeit und Eleganz zu antworten.
Farbige Schatten
Die Primärfarben dominieren, erfahren aber eine Erweiterung. Farbe bedeutet bei Ilse Aberer zuweilen auch nur ihr Erscheinen an der Kante oder als Abstrahlfarbe, als farbiger Schatten, den die bemalte Unterseite auf den weißen Boden oder Hintergrund wirft. Die Eingrenzung des Aktionsradius wirkt der Beliebigkeit entgegen. Kein Verzetteln, sondern Kontrolle und klare Konzentration auf das Konzept. Das bestimmt auch den zweiten Teil der Ausstellung bzw. des Raumes, wenn in der dreiteiligen Arbeit „Stretched“ die aus dem Zusammenfügen zweier Viertelkreise entstandene Form in alle Richtungen gedehnt wird und drei unterschiedliche, aber flächenidente Objekte entstehen. Momenthaft, noch filigraner, wie zum Abheben bereit und irgendwie amüsiert über das eigene Tun reflektierend und lächelnd, erscheint die federleichte, flügelartige Form „Swingwing“ an der Wand. Direkten Bezug auf den Ausstellungsraum und dessen Dimensionen nimmt die Bodeninstallation „New Spaces“. Alle acht Ecken des Raumes vermessend, die klare geometrische Ordnung im Maßstab 1:10 beibehaltend und als Konstanten dennoch auflösend, schafft Ilse Aberer eine Neudefinition des Ortes. Dieses Aus-dem-Rahmen-Nehmen hat der Bludenzer Ausstellung nicht nur ihren Titel „Out of Frame“ verschafft, sondern kennzeichnet exemplarisch den wunderbar freien, spielerischen Umgang der Künstlerin mit ihren Mitteln.
Zur Person
Malerin, Zeichnerin, Objektkünstlerin Ilse Aberer
Geboren: 1954 in Dornbirn
Ausbildung: Segmente Hohenems (1985–88), seither konsequent Weiterentwicklung des Werks
Laufbahn: zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland, Stipendien und Studienaufenthalte
Wohnort: Götzis
Die Ausstellung ist in der Galerie allerArt, Remise, Am Raiffeisenplatz 1 in Bludenz, bis 26. Juni geöffnet, Mi bis So, sowie Feiertag, 15 bis 18 Uhr.
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