Dem unterschätzten Sinnesorgan gewidmet
Paul Divjak untersucht die Dimensionen des Riechens.
Sachbuch. (bl) In Zeiten von Handy, Internet & Co. sind unseren Augen und Ohren einem regelrechten Dauerfeuer an Sinnesreizen ausgesetzt. Nicht minder allgegenwärtig, ja geradezu überlebensnotwendig sind die Eindrücke des Geschmacks- und Tastsinnes. Das Geruchsvermögen hingegen gilt als der geheimnisvollste aller Sinne – allgegenwärtig, oft unterschätzt in seiner Wirkung und schwer in Worte zu fassen.
In seinem kürzlich erschienenen Essay „Der Geruch der Welt“ untersucht der in Wien lebende Autor, Medienkünstler und Philosoph Paul Divjak, untermauert mit Textpassagen und Zitaten anderer Künstler und Kulturtheoretiker, die vielfältigen ästhetischen Dimensionen des Riechens.
„Der Keller. Milchreis mit Zimt. Eine Holzhütte. Verfaultes Obst. Kirschblüten.“ Bereits bei der Lektüre der ersten, in weiterer Folge in regelmäßigen Abständen in den Text eingestreuten Listen von Gerüchen wird klar, worauf der Autor abzielt. Jeder dieser Begriffe ist imstande, in uns eine ziemlich genaue Vorstellung dieser Gerüche entstehen zu lassen. Paul Divjak geht es angesichts der Vielzahl tagtäglich auf uns einprasselnder Gerüche um nichts weniger als eine neue olfaktorische Kultur und den Aufruf zum bewussten Riechen, das mehr Einfluss auf unser Gefühlsleben und Denken hat, als wohl die meisten von uns zunächst annehmen.
Wie wichtig eine Renaissance dieses unterschätzten Sinnesorganes ist, beweisen auch Divjaks zahlreiche Projekte im In- und Ausland, wie etwa die im Sommer 2015 im Jüdischen Museum Hohenems vorgestellte Duft-Installation „Letztes Jahr in Jerusalem“.
Paul Divjak: „Der Geruch der Welt“, Edition Atelier, 80 Seiten.