So wie in den Raum geweht

Kultur / 12.04.2017 • 22:19 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
„Wandmalerei zwischen Fresko und Bild“ heißt die Schau, die damit gleich klarstellt, dass sich Christoph Lugers Arbeiten jeder simplen Kategorisierung verweigern. Foto: AG
„Wandmalerei zwischen Fresko und Bild“ heißt die Schau, die damit gleich klarstellt, dass sich Christoph Lugers Arbeiten jeder simplen Kategorisierung verweigern. Foto: AG

Der Engländerbau zeigt großformatige Malerei des Vorarlberger Künstlers Christoph Luger.

VADUZ. „Die Bildgeschichte schreibt sich von selber,“ sagt Christoph Luger und fügt hinzu: „Es sind Kurzgeschichten.“ Wenn man die monumentalen Formate betrachtet, die der seit vielen Jahren in Wien lebende Vorarlberger Künstler derzeit in einer erstaunlichen Ausstellung im Kunstraum Engländerbau in Vaduz ausrollt, mag man das kaum glauben.

„Unvernünftig und jung“

„Wandmalerei zwischen Fresko und Bild“ titelt die Schau, die damit gleich klarstellt, dass sich Lugers Arbeiten jeder simplen Kategorisierung verweigern. Auf der Wand entstehend, sind sie kein Fresko, auf Papier gemalt, sind sie aber auch nicht nur Bild. Als Referenz zur jeweils wieder frisch geweißelten Wand, nass aufgetackert, gespannt wie eine zweite Haut, wird Papier zu großflächigen Malgründen verklebt. Dem kontemplativ-ritualhaften Auftrag eines Kreidegrunds folgt ein zügig vonstatten gehender Malvorgang, rasche Pinselstriche mit in mehreren Schichten lasierend und flüssig aufgetragener Leimfarbe, immer in geringer Distanz vom Werk, auf einer Leiter stehend und der Malerei auch körperlich sehr nah. Im fensterlosen Vaduzer Ausstellungsraum, dem white cube par excellence, fokussiert die Präsentation auf Arbeiten der 1990er-Jahre und bietet eine der äußerst raren Gelegenheiten, die wirklich großen und frühen Werke von Christoph Luger ungerahmt aus nächster Nähe zu sehen. Die 90er waren jene Zeit, in der der Künstler „unvernünftig und jung“ (Luger) aus Freude und Lust am Medium Formate von fünf mal sechs Metern produziert hat, ohne sich Gedanken darüber zu machen, wo man Bilder dieser Größe dereinst überhaupt ausstellen könnte. Bilder, wie die für einmal nicht an der Wand, sondern knapp über dem Boden schwebend und überhaupt erst zum zweiten Mal gezeigte, sattschwarze und dicht strukturierte Kohle-Arbeit, die er 1993 gleich doppelt, in zwei Varianten gemalt hat. Körperhaft, sanft gewellt, wie ein dunkler Ozean, ein nicht betretbarer Teppich aus übereinander gekleisterten Papierbahnen und Farbe, offenbart sich aus der Draufsicht eine eigenwillige Perspektive.

Mit großer Leichtigkeit

Bildeigenheiten, wie die Verletzungen im Papier oder der Abdruck des Pfostens, um den herum das Papier befestigt war, werden vom Künstler toleriert. Das Zugelassene existiert in den Bildwelten von Christoph Luger gleichberechtigt neben dem Gemachten. Farben finden, schlagen sich und passen doch zueinander. Was abstrakt scheint, hat häufig einen konkret-gegenständlichen Ursprung, eine scheinbar unbewusst gewählte Farbe spiegelt eine einmal geschaute Lichtstimmung in der Natur, eine Dreiecksform greift das feine Papierinnenfutter einer Briefumschlagsklappe auf. Daneben arbeitet Christoph Luger, nach eigenem Bekunden, „wie ein Buchhalter“. Dass er Raster, Struktur und Ordnung braucht, verraten nicht nur die in den Bildern gezogenen Linien, die Zahlen und das Durchnummerieren der Serien in römischen Ziffern, wo er mittlerweile bei XXIX angekommen ist. Der Raum, in dem er arbeitet, gibt die Dimensionen vor, das Türformat Begrenzungen, die Fünf-Tage-Arbeitswoche seit 1998 den Rhythmus der Produktion (jede Woche ein Bild, mit schöner Regelmäßigkeit). Trotz dieser Exaktheit im Vorgehen, ihren Abmessungen und dem enormen Aufwand dahinter wirken Christoph Lugers Arbeiten angenehm entspannt, wie sie so ungerahmt in den Raum geweht scheinen. Eines der ersten Wörter, das einem dazu einfällt, ist „leicht“. Eine Eigenschaft, die seit Akademiezeiten auch zuoberst auf der Anforderungsliste des Malers steht.

Zur Person

Christoph Luger

Geboren: 1957 in Bregenz

Ausbildung: Akademie der bildenden Künste in Wien (Max Melcher und Josef Mikl)

Laufbahn: zahlreiche Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen, vor allem in Österreich

Auszeichnungen: u. a. Otto-Mauer-Preis

Die Ausstellung ist im Kunstraum Engländerbau, Städtle 37, in Vaduz, bis 11. Juni geöffnet, täglich 13 bis 17 Uhr, Di, 13 bis 20 Uhr: www.kunstraum.li

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