Reise in den Süden und wieder zurück

Im Bildraum Bodensee zeigen Maureen Kaegi und Ludwig Kittinger ein kollaboratives Projekt.
BREGENZ Natürlich kann man eine gemeinsame Ausstellung auch im Atelier konzipieren und realisieren. Was aber passiert, wenn man diesen Prozess aus den Studiowänden auslagert und sich gemeinsam auf Materialsuche und eine Reise begibt, demonstrieren Maureen Kaegi und Ludwig Kittinger zwischen Roadtrip und klassischer Ausstellung im Bildraum Bodensee.
Startpunkt der Reise war der Bildraum in Bregenz, von dort ging es in zwei Etappen und drei Wochen nach Südtirol, Slowenien und Kroatien. Sich treiben lassen, ungeplant, den Zufall zulassen, die Dinge nicht suchen, sondern warten, bis sie einen gefunden haben, lautete die Maxime einer Kollaboration, die als reger theoretischer und praktischer Austausch und in enger Zusammenarbeit für Maureen Kaegi und Ludwig Kittinger ein stetiges Mit- als auch Gegeneinander war. So sind in der Ausstellung „There seems to be a strong tendency to collect ideas“ neben eigenen Arbeiten als Erweiterung der jeweiligen malerischen und skulpturalen Position auch Gemeinschaftswerke zu sehen. An der Schnittstelle von Objekt, Installation, Malerei, Grafik und Performance ansetzend, werfen sie im Verschmelzen zweier künstlerischer Handschriften unweigerlich die Frage nach Originalität und Autorenschaft auf. Den Arbeiten von Maureen Kaegi (1984, lebt in der Schweiz und in Wien), die mit Filzstiftlinien in den RGB-Farben auf Leinwand und in einem fast meditativen Prozess, der in größtmöglichem Kontrast zum flirrenden Endergebnis steht, Moiré-Effekte erzeugt, kann man derzeit auch in einer Ausstellung im Kunstraum Engländerbau in Vaduz begegnen. Ludwig Kittingers (1977, lebt in Wien) skulpturales Werk, das in den Arbeiten in Bregenz zwar unverkennbar den Duktus des Bildhauers trägt, sich aber Richtung Malerei bewegt, konstituiert sich häufig aus den Werkstoffen anderer Künstler, aus beschädigten oder aus „Abbruchmaterialien“, deren Herkunft nicht aufgedeckt wird.
Smiley an der Wand
„Es gibt kein neutrales Material“, sagt Ludwig Kittinger, „auch der Sockel ist nicht neutral.“ Diese Prozesse der Aneignung, aber auch Aspekte wie Kreativität oder Marktwert, neu verhandelt und ausgetragen, stecken in vielen Kollaborations-Arbeiten. Gleich zu Beginn der Ausstellung markieren ein weißer slowenischer Stein als Fundstück aus einem Naturschutzgebiet und ein Brocken aus dem kommerziell genutzten Hohenemser Steinbruch als geografische Eckpunkte auch Stolpersteine. Verortung, Lesbarkeit, Dokumentation – aus einer Arbeit entsteht die nächste, sodass fast alle Werke auch Bezüge untereinander aufweisen. Fundstücke, wie der Stamm eines Olivenbaumes, nicht liegend, wie gefunden, sondern jetzt von der Decke abgehängt und farbig gefasst, erhalten durch die Transformation in den Kunstraum neue Bedeutung, ein „Steinzeit-Smiley“ aus Donaukieseln hoch an der Wand lässt schmunzeln, und das Zeichnen eines einfachen Hauses mittels eines ins Wasser getauchten Steckens auf einem Stein hinterfragt den Versuch, etwas festzuhalten. Noch mehr Architektur begegnet man in jenen Arbeiten, die sich anhand einer Hotelruine auf der Insel Krk mit der Problematik des Modernismus befassen, der vorhandene (Ausstellungs-)Raum wird genutzt, mehr noch mit einbezogen und zum Material, und so sind auch die beiden Espressotassen auf den Heizkörpern nicht zufällig vergessen worden, sondern haben sich ihre Sockel quasi selbst gesucht. AG
Geöffnet im Bildraum Bodensee, Seestraße 5, in Bregenz bis 17.November, Di und Do 13 bis 18 Uhr, Fr und Sa 11 bis 16 Uhr.