„Ich kämpfe um mehr Komik, es ist nicht alles schwarz“

Kultur / 17.10.2017 • 22:47 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Schriftstellerin Monika Helfer: „Schreiben ist mein absoluter Lebensinhalt. Es ist mir immer wichtiger geworden.“VN/HB
Schriftstellerin Monika Helfer: „Schreiben ist mein absoluter Lebensinhalt. Es ist mir immer wichtiger geworden.“VN/HB

Schriftstellerin Monika Helfer feiert den 70. Geburtstag. Ein weiterer Roman entsteht.

Hohenems „Es ist schon merkwürdig: Wenn mir niemand gratulieren würde, dann wäre mir gar nichts aufgefallen“, bringt Monika Helfer zum Ausdruck, was sie gerade empfindet. Heute feiert die Vorarlberger Schriftstellerin den 70. Geburtstag. Die damit verbundene Erfahrung ist für sie das Wichtigste, die Zahl selbst mehr oder weniger bedeutungslos und damit auch mühelos aussprechbar. Sie formuliert dieses Siebzig schneller als ihr Gegenüber: „Manche Leute scheuen sich, 70 auszusprechen, und reden dann nur vom runden Geburtstag.“ Was sie damit verbindet? „Ich hoffe, ich mache etwas Vernünftiges daraus“, lautet die Antwort.

Wer mit Monika Helfer spricht, erfährt geradlinige Bemerkungen. Wer älter ist, habe schlicht und einfach mehr Erfahrung und das solle genauso zum Ausdruck kommen wie die Tatsache, dass das Schreiben einfach auch Arbeit bedeute. Diese sei in den letzten Jahren auch immer wichtiger geworden, quasi ihr „absoluter Lebensinhalt“. Inspiration schöpft sie aus der Beobachtung von Menschen. „Ohne diese Möglichkeit wäre ich hoffnungslos verloren.“ Was sie bei der Umsetzung des Beobachteten in literarische Texte noch intensiver ausprobieren, worum wie kämpfen möchte, ist die Komik. Es sei ja nicht alles schwarz, vieles sogar weiß. „Das Schwerste daran ist allerdings, dass es dann nicht albern wirken soll.“

Neues Werk über einen Mann

Die Liste der Bücher von Monika Helfer ist lang. Erst vor wenigen Monaten erschien der Roman „Schau mich an, wenn ich mit dir rede!“, eine Geschichte über das Zurechtfinden in einer Patchworkfamilie oder eben im Leben. Er kam auf die Longlist für den renommierten Deutschen Buchpreis und wurde somit von einer Fachjury unter die 20 besten Neuerscheinungen des Jahres gereiht. Das nächste Werk ist im Entstehen. Im Mittelpunkt steht ein Mann, der von seiner Kindheit erzählt. Er ist Koch, hat immer leidenschaftlich gern gekocht und ist eine Figur, mit der Monika Helfer die komische Seite in sich zum Vorschein bringen kann. Wobei ihr viele, die ihr Werk mitverfolgen, einen fein geschliffenen Humor attestieren. Im Besonderen gilt das für das Stück „Der Frauentourist“, das im Frühjahr im Theater Kosmos in Bregenz zur Uraufführung kam. Es handelt von einem Mann, der laufend neue Frauen kennenlernen will, gerne auch über Kontaktanzeigen bzw. einschlägige Sendungen. Die Erlebnisse haben nichts Bitteres an sich, stellen niemanden bzw. lediglich jene bloß, die voreingenommen sind. Die Geschichte ist erheiternd und sie fordert Empathie, die Fähigkeit mitzufühlen, die in den meisten Werken der Schriftstellerin zum Ausdruck kommt. Oft sind es ja die Schutzbedürftigen, Kinder, Jugendliche oder Alleingelassene, denen sie sich widmet.

„Mich interessieren Menschen“

„Mich interessieren keine Texte, in denen es nicht um Menschen geht, mich interessieren auch keine Fotos, auf denen keine Menschen sind.“ Tschechow, der ein guter Menschenbeobachter war, zählt auch zu ihren Lieblingsautoren, weil in seinen Stücken deutlich werde, dass er seine Figuren liebt. Charaktere zu kreieren, mache sie glücklich. Und schreiben. Sich mit dem Tod auseinanderzusetzen sei völlig normal, erst recht in ihrem Alter. „Sich vorzustellen, dass mein Leben schreibend zu Ende geht, ist für mich etwas Schönes.“

Neben dem neuen Roman ist zudem ein Theaterstück im Werden. Leser der Vorarlberger Nachrichten kennen Monika Helfer als Kolumnistin. Kürzlich ist das Buch „Der Mensch ist verschieden“ erschienen, das sie gemeinsam mit ihrem Mann Michael Köhlmeier verfasst hat. Nicht mit einer Schriftstellerin verheiratet zu sein, kann er sich gar nicht vorstellen, hat der bekannte Romancier und Erzähler dabei offenbart. Er muss allerdings einstecken können, und er weiß, was er davon hat. Denn wenn seine Frau ihn kritisiere und wenn das noch so weh tue, könne er sich hundertprozentig darauf verlassen, dass sie nie etwas einwendet, was dem Text schadet. Und auch sie bevorzugt beim Austausch der jeweiligen Texte eine klare Ansage. VN-cd

„Manche Leute scheuen sich, 70 auszusprechen, und reden dann nur vom runden Geburtstag.“

Zur Person

Monika Helfer

Geboren 1947 in Au

Tätigkeit Schriftstellerin

Werke zahlreiche Romane (darunter „Die wilden Kinder“, „Oskar und Lilli“, „Wenn der Bräutigam kommt“, „Die Welt der Unordnung“, „Schau mich an, wenn ich mir dir rede!“); Theaterstücke (darunter „Kreuzers Kinder“, „Der Frauentourist“); Hörspiele; seit einigen Jahren Kolumnistin der Vorarlberger Nachrichten

Auszeichnungen u. a. Österreichischer Würdigungspreis für Literatur, Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst