„Kultur ist nicht kompliziert, genauso wenig wie Ordnung“

Fotos und Zeichnungen von Georg Vith sowie Texte von Rupert Tiefenthaler in Batschuns.
BATSCHUNS Eine Fotoserie, 2010 in London entstanden, bildet den Ausgangspunkt für die gemeinsame Ausstellung „Ordnung oder: Von Punkt zu Punkt“ von Georg Vith und Rupert Tiefenthaler im Bildungshaus Batschuns. Ist es auch nicht die erste Zusammenarbeit des Künstlers und Kunstpädagogen Vith mit dem Philosophen und Historiker Tiefenthaler, so stellt das aktuelle Projekt doch etwas Besonderes dar, wenn darin der Begriff Ordnung zur Kunstkategorie erhoben wird.
Signatur
Während seines zweimonatigen Aufenthalts in London hat Georg Vith (geboren 1959, lebt in Dornbirn) seine täglichen Streifzüge durch die Stadt auf eigenwillige Weise mit der Kamera dokumentiert. Im Fokus des Künstlers, der für seine mit der Camera obscura geschaffenen Arbeiten bekannt ist, stand die Vielzahl an Galerien, von denen er aber jeweils nur die Eingänge fotografierte. Auf den meisten Fotos ist auch Vith selbst zu sehen. Allerdings nur, wenn man genau hinschaut, taucht er in diesem subtilen Spiel aus Wahrnehmung und Reflexion verschwommen, unscharf, als Spiegelbild, wie eine beiläufige Signatur im Bild auf. In Wechselwirkung mit den Polaroidfotos von den Galerien, sich gegenseitig befruchtend und nun zusammen mit ihnen präsentiert, hat Rupert Tiefenthaler Texte zum Thema Ordnung geschrieben, die sich in zwei handlichen Katalogbänden nachlesen und vertiefen lassen. Sowohl Text als auch Bild zeigen die Bedeutungsvielfalt und die Gewichtung des Begriffs Ordnung in allen Dimensionen, tiefsinnig, einleuchtend, auf den Punkt gebracht, aber auch überbordend. Neben der Erkenntnis, dass Ordnung keineswegs selbstverständlich ist, formuliert Tiefenthaler beispielsweise auf Blatt 27: „Kultur ist nicht kompliziert, genauso wenig wie Ordnung. Sie zu erhalten ist eine Herausforderung.“
Miniarchive
Dass Ordnung im Sinne von Regelmäßigkeit den künstlerischen Alltag von Georg Vith auch in seiner zweiten bevorzugten Disziplin, der Zeichnung, bestimmt, wird aus den kleinformatigen Kunstwerken auf Transparentpapier ersichtlich. Das immer gleiche Format, dieselben Werkzeuge schaffen statische Rahmenbedingungen, sorgen für das immer gleiche Gefühl beim Zeichnen und eine an Automatismus grenzende Routine, die nicht Beschränkung, sondern Freiheit bedeutet. Als visuelles, bildnerisches Tagebuch angelegt, sich quasi selbst beim Zeichnen beobachtend, in kleinen, aus Getränkeverpackungskarton gefalteten Mäppchen abgelegt, hat Georg Vith diese papierenen Schatzkästchen seit längerer Zeit erstmals wieder geöffnet. Inspirationen für die aus ihren Miniarchiven hervorgeholten Blättchen in Visitenkartenformat können auch Bilder oder Worte, Gesehenes oder Gelesenes sein. Weiterverarbeitet werden sie in Collagen, unterlegt mit wunderschönem, farbigem Florentiner Papier. Das Papier erinnert an eine Tapete im Wohnraum oder an Schrankpapier und nicht zufällig wirken die Collagen wie ein Wohnzimmer für die mit Nägeln befestigten kleinen Zeichnungen. Einen Blick ins Atelier des Künstlers und in die Gegenwart gewährt dagegen eine großformatige Arbeit. Das auf Leinwand gedruckte Foto gibt eine Atelierwand wieder, die Vith im Lauf des vergangenen Jahres mit rund 3700 Zeichnungen gefüllt hat. In Reih und Glied gehängt, datiert, stellen auch das ausufernde Ausbreiten und die dichte, von Tag zu Tag anwachsende Fülle dieser Zeichnungen einen erstaunlichen Beitrag zum Thema Ordnung dar.
Die Ausstellung ist im Bildungshaus Batschuns, Kapf 1, in Zwischenwasser, bis 20. Dezember geöffnet, Mo bis Fr, 8 bis 12 und 14 bis 17 Uhr, Sa und So, 8 bis 12 Uhr.