Altbekannt, aber immer noch hochexplosiv

„Biedermann und die Brandstifter“ im Theater Karussell.
Schaan Max Frisch (1911-1991) und Liechtenstein, das ist, wie mittlerweile dokumentiert, ein Kapitel mit einem besonderen Aspekt. Als junger Architekt, als der der später als Schriftsteller gefeierte Schweizer seine Karriere begann, hatte Frisch einst auch eine Villa im Fürstenturm geplant. Zwischen dem Bauherrn und dem Architekten kam es zum Konflikt und seitdem darf man sich nicht nur mit der Frage beschäftigen, warum das Haus nicht erhalten wurde, sondern auch damit, wie viel Biedermann in diesem begüterten Liechtensteiner steckte, der ebenso Haaröl-Fabrikant war wie jener Gottlieb, der im 1958 in zwei Varianten uraufgeführten Stück die Brandstifter zum unseligen Tun ins eigene Haus lädt und damit zu einer Figur der Weltliteratur wurde, die vor allem in unserer Region Schulstoff ist und aus gutem Grund Heranwachsende hoffentlich noch lange zu beschäftigen hat.
Dem allgemeinen Publikum Teilhabe zu gewähren, ist unter dem Überbegriff Klassikerpflege eine wesentliche Aufgabe der Theaterunternehmen. Mitunter machen sich dabei nicht nur Profibühnen stark, so wie das Theater Karussell, das auch Amateure engagiert, es sich aber zur guten Angewohnheit gemacht hat, die Inszenierungen in fachkundige Hände zu legen.
Tragisches im Komischen
Die Schweizerin Pia Hänggi, die an vielen Bühnen und auch für das Fernsehen tätig war, konzentriert sich auf das (auch personell) gestraffte Kernstück ohne Nachspiel, vertraut als Überhöhungseffekt auf die Wirkung des Feuerwehrchors und setzt ansonsten auf das Übliche, nämlich das Tragische im Komischen. Ihre Handschrift in einem Stück, von dem einzelne Szenen (etwa jene mit den Messerbänkchen) in etwa so geläufig sind wie die Gags in „Dinner for One“ wird als trockener Humor erkennbar, den Thomas Hassler als Schmitz zur Wirkung bringt, während Marcus Harm als Eisenring auf eine sanfte Naivität setzt. Stefan Bösch (Biedermann) macht bald plausibel, was ihn verunsichert, obwohl er die Gefahr längst erkennen müsste, ist er doch gut dazu angehalten, nicht nur durch Empathie das schlechte Gewissen eines Unternehmers zum Ausdruck zu bringen, der den Tod eines Mitarbeiters bewirkt hat, sondern auch jene Eitelkeit, die schon in Spuren ins Verderben stürzen kann. Dass er gegen Ende zu etwas viel Crescendo neigt, hat die Gesamtlautstärke ungünstig angekurbelt. Doch Heidi Salmhofer (Babette) weiß die Vielschichtigkeit der schuldig gewordenen Figur zu verdeutlichen und Dodo Büchel (Anna) das Dilemma der Wissenden, die nicht einzugreifen wagt. Gut ausgestattet von Kerstin Köck macht das Theater Karussell das immer noch Hochexplosive im Altbekannten sichtbar.





Nächste Aufführung am 15. April, 17 Uhr im Takino in Schaan. Weitere Aufführungen bis 23. Mai jeweils 20 oder 17 Uhr (sonntags): www.karussell.li