Zwischen Profitstreben und Gemeinwohl

Kultur / 13.04.2018 • 18:25 Uhr / 3 Minuten Lesezeit
DesertLotusNestIsabella BreierBibliothek der Provinz530 Seiten

DesertLotusNest

Isabella Breier

Bibliothek der Provinz

530 Seiten

Isabella Breier legt ein erstaunliches Buch vor.

Roman 2022 wird Isabella Breier als Herausgeberin der „Anmerkungen zur ‚Poetik des Phönix‘. Überlegungen zu Antoine Bachsirad“ auf dem großen Internationalen Bachsirad-Kongress gefeiert werden. Die Zeit bis dahin kann man damit verbringen, die Komponenten ihres kürzlich erschienenen Romans „DesertLotusNest“ zu googeln. Zwischenergebnis: Bachsirad gibt es nicht, die spanische Tabernas-Wüste sehr wohl. „DesertLotusNest“ ist ein erstaunliches Buch. Es führt einen sofort auf den Holzweg. Dieser schlängelt sich nicht nur durch Wüstengegenden wie jene der Desierto de Tabernas, sondern auch durch die Minenfelder der Wirklichkeit, an den Absurditäten des Arbeitsmarktservices entlang und hinein in die Sackgassen des akademischen Betriebs.

Breier, 1976 in Niederösterreich geboren und laut Eigenangaben „samt Kleinfamilie hauptsächlich in Wien und zeitweise im Waldviertel sowie in Mexiko“ wohnhaft, hat sich 2005 in ihrer philosophischen Dissertation mit „Dimensionen menschlicher Sinnstiftung in der Praxis“ und dabei vor allem mit Ludwig Wittgenstein und Ernst Cassirer auseinandergesetzt. „Wittgenstein wie Cassirer brechen mit der radikalen Opposition von Geist und Leben“, konstatierte sie damals.

Ähnliches gilt für ihren Roman. Wenn in der andalusischen Wüste österreichische Arbeitslose in einem Trainingsprogramm unter dem Namen eines schwer zugänglichen Langgedichts eines verstorbenen philosophischen Rauschebarts Kamele reiten und Erdbeeren anpflanzen, dann sind alle Grenzen zwischen Erfindung und Vorfindung verwischt.  Die Lektüre beginnt man am Besten mit den biobibliografischen Angaben zu Antoine Bachsirad (1879-1979). Denn der ist, im Gegensatz zu Wittgenstein und Cassirer, komplett erfunden.

Genüsslich

Das zweite Grundthema des mit Zeitsprüngen, Traumsequenzen und vielen kursiven Einschüben nicht eben einfach lesbaren Buches ist die Auseinandersetzung mit dem (nicht nur akademischen) Prekariat. Einerseits müssen die ausgebildeten Philosophen auf teils abenteuerlichen Wegen versuchen, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, andererseits werden wir Zeugen der Fusion zweier Erwachsenenbildungsinstitute, die sich eine Monopolstellung für AMS-Schulungsmaßnahmen erarbeiten. Genüsslich stellt Breier das Profitstreben des Unternehmens gegen den eigentlich am Gemeinwohl orientierten Grundauftrag.

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