Die Weltkugel im Maßstab 1:50.000

Architektur bestimmt unser Leben, Verena Konrad leitet den Austria-Pavillon der Biennale und setzt Initiativen.
Venedig, Dornbirn Beauty und Function sind Reizthemen in der Architektur. Womit sich Philosophen ausführlich beschäftigen und was in die Politik reicht, ist in der Architektur immer noch negativ konnotiert – die Schönheit. Ein Umdenken wird und muss stattfinden, wie auch der aus Vorarlberg stammende und in New York tätige Designer Stefan Sagmeister bereits thematisierte. Mit Jessica Walsh bildet er eines der drei Teams, die Verena Konrad, die Direktorin des Vorarlberger Architektur-Instituts, in ihrer Funktion als Kommissärin in den Österreich-Pavillon in Venedig lud. Eine zentrale Frage sei, welche Aufgabe Gestalter haben, um eine offene Gesellschaft zu ermöglichen, erklärt die Kunsthistorikerin im Gespräch mit den VN.
Einen Monat vor der Eröffnung der Biennale Ende Mai sind die Ausstellungsobjekte so gut wie gefertigt, zeichnet sich eine zentrale begehbare Installation ab sowie das Modell einer Weltkugel im Maßstab 1:50.000, einem Größenverhältnis, das vor allem Wanderern ein Begriff sein dürfte.
Umstrukturierung notwendig
Doch das sind die groben Fakten, zu denen auch die Finanzierung zählt. 450.000 Euro wendet der Bund für den Biennale-Auftritt Österreichs auf. Den Rest der notwendigen Mittel, etwa 300.000 Euro, haben die Kommissäre selbst über Sponsoren aufzustellen, und zwar bei vollem Haftungsrisiko. Während auch dieser Umstand diskutierbar ist, plädiert Verena Konrad für die Umstrukturierung der Organisation, die bereits unter dem früheren Kulturminister Thomas Drozda ein Thema war. Dass sich die Errichtung eines Biennale-Büros günstig auf die Kosten auswirkt, liegt für Konrad auf der Hand; mittlerweile bereits in Diskussion mit Felicitas Thun-Hohenstein stehend, die die Kunst-Biennale im kommenden Jahr verantwortet, steht für sie fest, dass sich die Kuratoren bei erneuerter Konstellation vermehrt auf die Inhalte konzentrieren könnten.
Im Vergleich zur Kunst-Biennale, deren Gründung noch im 19. Jahrhundert erfolgte, ist die alternierend dazu seit 1980 veranstaltete Architekturbiennale relativ jung. Trotz des gelegentlich als schwierig kritisierten Ausstellungsortes nimmt Verena Konrad wahr, dass die große Architekturschau, die zuletzt mehr als eine Viertelmillion Besucher interessierte, an Stabilität gewinnt.
Freiraum
Auch um die Bedeutung der Architektur für unser Leben zu unterstreichen, wurde der öffentliche Raum als Basisthema von Verena Konrad bereits im Zuge der Bestellung fokussiert. Damals war das Generalthema „Freespace“, womit nicht nur der öffentliche Raum, sondern auch der Freiraum im Denken gemeint ist, noch nicht bekannt, mittlerweile liegen die Anknüpfungspunkte des Österreich-Pavillons, wo das Motto „Thoughts form matter“ heißt, zur Themenausstellung neben den Länderpavillons offen. Mit den Vorstellungen der leitenden Architektinnen Yvonne Farrell und Shelley McNamara geht Verena Konrad insofern d’accord, als für sie die Begriffe Achtsamkeit und die Frage, wie wir mit der Welt umgehen, Bedeutung haben.
Hochpolitisch
Als erfahrene Kuratorin ist die Leiterin des Vorarlberger Architektur-Instituts auch Pragmatikerin. Der österreichische Pavillon, geplant von Josef Hoffmann und Robert Kramreiter, ist zwar nicht von anderen Gebäuden verdeckt, er liegt aber im hinteren Teil der Giardini, wo die Aufmerksamkeit des Publikums möglicherweise wieder zu aktivieren ist. Es stellte sich für Verena Konrad auch die Frage, wie das Publikum überhaupt mit politisch-rechtlichen Themen umgehen kann. Mit der Bedeutung der Atmosphäre, die Befindlichkeiten erzeugt, was wiederum ein hochpolitisches Thema ist, weil diese unser Verhalten steuern, werden sich die Besucher jedenfalls befassen können. Auch mit dem Pavillon selbst, der erneut exakt vermessen wurde und in dem schon Hoffmann exakte Aussagen zur Qualität eines Raumes getätigt hat. Erst in den 1950er-Jahren kam eine gebogene Wand auf der Rückseite hinzu, die das Team LAAC mit Kathrin Aste und Frank Ludin als Basis einer geschaffenen Sphäre verwenden, die den Innen- und Außenraum umfasst, wobei auch die erwähnte Weltkugel ins Spiel kommt, während das Team Marta Schreieck und Dieter Henke in erster Linie den weiten Themenkomplex Atmosphäre verantwortet.
„Die Frage ist, welche Aufgabe Gestalter haben, um eine offene Gesellschaft zu ermöglichen.“
Die Architekturbiennale in Venedig ist vom 26. Mai bis 25. November in den Giardini und im Arsenale geöffnet, Di bis So 10 bis 18 Uhr: www.labiennale2018.at