Helden sterben nicht

Kultur / 15.03.2019 • 19:01 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Helden sterben nicht

Nein, wenn sie Bildstein und Glatz heißen, durchschlagen sie sogar Wände, zum
Beispiel in der Feldkircher Villa Claudia.

Feldkirch „Heroes Never Die“, das ist eine Aussage und eine Ansage, die die beiden Künstler Matthias Bildstein und Philippe Glatz schlichtweg zum Konzept ihrer aktuellen Ausstellung der Kunst.Vorarlberg in der Feldkircher Villa Claudia machen. Helden sterben also nicht. Das ist natürlich mehrdeutig. „Wir beobachten schon länger, dass die Menschen Spiritualität und Transzendenz heute immer weniger bei Institutionen wie der Kirche suchen.

Gleichzeitig überschreiten sie aber permanent Grenzen, sie dehnen und überschreiten ihre eigenen Grenzen immer weiter“, steigt der gebürtige Hohenemser Matthias Bildstein, der heute in Wien lebt und arbeitet, mitten ins Thema ein. Spiritualität paart sich demzufolge immer mehr mit dem, was große Marken, Energydrinks oder ausgeklügelte Marketingkonzepte zur neuen Unsterblichkeit erheben. Das sind unter anderem das Abenteuer, das Heldentum, waghalsige Aktionen oder das halsbrecherische Ausloten der eigenen Schmerz- und Angstgrenzen. Lifestyle lässt grüßen. Davon zeugen zum Beispiel auch einige Bruchstücke früherer Aktionen und Installationen des Künstlerduos, wie etwa die Radrennbahn, die sie 2014 im Feldkircher Palais Liechtenstein aufgebaut hatten.

Kunstparcours durch die Villa

Das ist aber natürlich längst nicht alles. Bildstein/Glatz beleuchten das Phänomen des neuen Heldentums nicht einseitig, ist doch das Phänomen an sich schon vielschichtig. Wer nämlich ein echter Adrenalin-Junkie sein will, der weiß, was man trägt, wo man einkauft, wie man sich bewegt, der weiß, aus welchem Stoff die neuen Helden gemacht sind. Das alles sezieren Bildstein/Glatz nun in ihrem Kunstparcours durch die Villa Claudia. Dieser beginnt übrigens schon im Stiegenhaus. Gleitet der Blick da nämlich nach oben, also Richtung Ziel, wird das sehende Auge jäh gestoppt. Sogenannte Kundenstopper stehen da „im Weg“. Jeder kennt sie, diese dreieckigen Werbeständer, denen man auf den Gehsteigen direkt vor den Schaufensterauslagen begegnet. Und ja, sie stoppen den Bewegungsfluss des Fußgängers. Bei Bildstein/Glatz sind es gleich ganz viele. Sie verengen den Raum, stoppen die natürliche Vorwärtsbewegung des Ausstellungsbesuchers, der ja in Richtung Kunst strebt, und zwingen dazu, die eigene Richtung zu überdenken und sich neu im Raum zu orientieren. Witziges Detail am Rande: Die Kundenstopper der Marke Bildstein/Glatz sind aus Holz, auf denen sich grafisch gestaltetes Holzimitat wiederfindet. Holz, das vorgibt Holz zu sein, und das alles auf echtem Holz.

Heldenhaftes Universum

Weiter geht es und immer tiefer dringt man ins heldenhafte Universum vor. Vorbei an stilisierten Schaufenstern, an den Fingerprints, die Langstreckenläufer mit ihren Schuhen bei ihren Erdumrundungen in das Profil ihres Untergrunds eingeschrieben haben, bis hin zu einem kleinen Zelt, das schwer an genau jene temporären Überdachungen erinnert, die man von Festivals her kennt. Immer aber wird durch die Kunst auch die Bewegung im Raum gelenkt und es bleibt nicht zufällig, wo sich wer und vor allem wohin er sich bewegt.

Erstmals in Vorarlberg zu sehen ist auch eine ganze Reihe von Arbeiten, die sich nicht nur thematisch mit dem Werkstoff Carbon beschäftigen, sondern selbst aus Carbon gefertigt sind. „Wir haben uns seit Jahren mit dem Material Carbon beschäftigt. Nie aber haben wir es als Material selbst verwendet“, erklärt Matthias Bildstein. Das Material selbst wird hier zum Verweis auf das neue Heldentum, das sich in den Attributen der Abenteuer-Generation wiederfindet. Die Carbon-Rahmen für das ultraleichte Fahrrad seien hier nur als ein Beispiel genannt. Überhaupt lassen sich Bildstein/Glatz nicht fixieren. Während der Hohenemser Matthias Bildstein das Bildhauerische präsentiert, vertritt der aus St. Gallen stammende Philippe Glatz den malerischen Part des Künstlergespanns. Ihre Arbeiten entstehen also immer in diesem Dazwischen.

Star der ganzen Schau aber ist sicher die überdimensionale, lilafarbene Rampe, die im Raum Schwung zu holen scheint, um dann ausladend über die Fassade der Villa Claudia hinauszuragen. Halfpipe? Abschussrampe? Auf jeden Fall aber Begrenzungen durchbrechend, denn das Mauerwerk ist für die Rampe der Marke Bildstein/Glatz kein Problem. Da schmiegt sie sich einfach an und fließt elegant um und schließlich durch die Fensterrahmen.

Stippvisite empfohlen

Ein Besuch in der Villa Claudia in Feldkirch kann nur wärmstens empfohlen werden. Wer ganz sicher sein will, plane diese Stippvisite eher zeitnah ein. Dieses Spektakel für die Sehnerven hat nämlich leider ein Manko: Eine Baugenehmigung für die Kunstrampe liegt nicht vor. Es kann also durchaus im Bereich des Möglichen liegen, dass die lila Rampe bald zum Abbruch freigegeben wird. „Dann machen wir eben eine Abbruchperformance“, übt sich Matthias Bildstein schon einmal prophylaktisch in Geduld und Ruhe. Deshalb, besser gleich hin zur Villa Claudia, wer weiß, wie lange die Rampe sich noch hält.

Helden sterben nicht
Ein spanndender Kunstparcours durch die Villa Claudia in Feldkirch. VF/Clemens Ascher
Ein spanndender Kunstparcours durch die Villa Claudia in Feldkirch. VF/Clemens Ascher
Helden sterben nicht

Die Schau „Heroes Never Die“ mit Arbeiten von Matthias Bildstein und Philippe Glatz ist bis
7. April in der Feldkircher Villa Claudia zu sehen. www.kunstvorarlberg.at

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