In der Villa Claudia in Feldkirch werden Wände durchschlagen

Bildstein und Glatz lassen es in der Feldkircher Villa Claudia krachen.
Feldkirch „Heroes Never Die“, das ist eine Aussage und eine Ansage, die die beiden Künstler Matthias Bildsteinund Philippe Glatz, schlichtweg zum Konzept ihrer aktuellen Ausstellung der Kunst.Vorarlberg in der Feldkircher Villa Claudia machen. Helden sterben also nicht. Das ist natürlich mehrdeutig. „Wir beobachten schon länger, dass die Menschen Spiritualität und Transzendenz heute immer weniger bei Institutionen wie der Kirche suchen. Gleichzeitig überschreiten sie aber permanent Grenzen, sie dehnen und überschreiten ihre eigenen Grenzen immer weiter“, steigt der gebürtige Hohenemser Matthias Bildstein, der heute in Wien lebt und arbeitet, mitten ins Thema ein. Spiritualität paart sich demzufolge immer mehr mit dem, was große Marken, Energydrinks oder ausgeklügelte Marketingkonzepte zur neuen Unsterblichkeit erheben. Das sind unter anderem das Abenteuer, das Heldentum, waghalsige Aktionen oder das halsbrecherische Ausloten der eigenen Schmerz- und Angstgrenzen. Lifestyle lässt grüßen. Davon zeugen zum Beispiel auch einige Bruchstücke früherer Aktionen und Installationen des Künstlerduos wie etwa der Radrennbahn, die sie 2014 im Feldkircher Palais Liechtenstein aufgebaut hatten. Das ist aber natürlich längst nicht alles.
Bildstein | Glatz beleuchten das Phänomen des neuen Heldentums nicht einseitig, ist doch das Phänomen an sich schon vielschichtig. Denn, wer ein echter Adrenalin-Junkie sein will, der weiß, was man trägt, wo man einkauft, wie man sich bewegt, der weiß, aus welchem Stoff die neuen Helden gemacht sind. Das alles sezieren Bildstein | Glatz nun in ihrem Kunstparcours durch die Villa Claudia. Der beginnt übrigens schon im Stiegenhaus. Gleitet der Blick da nämlich nach oben, also Richtung Ziel, wird das sehende Auge jäh gestoppt. So genannte Kundenstopper stehen da „im Weg“. Jeder kennt sie, diese dreieckigen Werbeständer, denen man auf den Gehsteigen direkt vor den Schaufensterauslagen begegnet. Und ja, sie stoppen den Bewegungsfluss des Fußgängers. Bei Bildstein | Glatz sind es gleich ganz viele. Sie verengen der Raum, stoppen die natürliche Vorwärtsbewegung des Ausstellungsbesuchers, der ja in Richtung Kunst strebt und zwingen dazu, die eigene Richtung zu überdenken und sich neu im Raum zu orientieren. Witziges Detail am Rande: Die Kundenstopper der Marke Bildstein | Glatz sind aus Holz, auf denen sich grafisch gestaltetes Holzimitat wiederfindet. Holz, das vorgibt Holz zu sein und das alles auf echtem Holz.
Temporäre Überdachungen
Weiter geht’s und immer tiefer dringt man ins heldenhafte Universum vor. Vorbei an stilisierten Schaufenstern, an den Fingerprints, die Langstreckenläufer mit ihren Schuhen bei ihren Erdumrundungen in das Profil ihres Untergrunds eingeschrieben haben, bis hin zu einem kleinen Zelt, das schwer an genau jene temporären Überdachungen erinnert, die man von Festivals und Events her kennt. Immer aber wird durch die Kunst auch die Bewegung im Raum gelenkt und es bleibt nicht zufällig, wo sich wer und vor allem wohin er sich bewegt.
Erstmals in Vorarlberg zu sehen ist auch eine ganze Reihe von Arbeiten, die sich nicht nur thematisch mit dem Werkstoff Carbon beschäftigen, sondern selbst aus Carbon gefertigt sind. „Wir haben uns seit Jahren mit dem Material Carbon beschäftigt. Nie aber haben wir es als Material selbst verwendet“, erklärt Matthias Bildstein. Das Material selbst wird hier zum Verweis auf das neue Heldentum, das sich in den Attributen der Abenteuer-Generation wiederfindet. Die Carbon-Rahmen für das ultraleichte Fahrrad seien hier nur als ein Beispiel genannt. Überhaupt, fixieren, das lassen sich Bildstein | Glatz nicht. Während der Hohenemser Matthias Bildstein das Bildhauerische präsentiert, vertritt der aus St. Gallen stammende Philippe Glatz den malerischen Part des Künstlergespanns. Ihre Arbeiten entstehen also immer in diesem Dazwischen.
Star der ganzen Schau aber ist sicher die überdimensionale, lilafarbene Rampe, die – im Raum Schwung zu holen scheint, um dann ausladend über die Fassade der Villa Claudia hinaus zu ragen. Halfpipe? Abschussrampe? Auf jeden Fall aber Begrenzungen durchbrechend, dann das Mauerwerk ist für die Rampe der Marke Bildstein | Glatz kein Problem. Da schmiegt sie sich einfach an und fließt elegant um und schließlich durch die Fensterrähmen.
Ein Besuch in der Villa Claudia kann nur wärmstens empfohlen werden – und wer ganzsicher sein will, der planen diese Stippvisite eher zeitnah ein. Dieses Spektakel für die Sehnerven hat nämlich leider ein Manko: eine Baugenehmigung für die Kunstrampe liegt so nicht vor. Es könnte also durchaus im Bereich des Möglichen liegen, dass die lila Rampe bald zum Abbruch freigegeben werden muss. „Dann machen wir eben eine Abbruchperformance“, übt sich Matthias Bildstein schon einmal prophylaktisch in Geduld und Ruhe. Deshalb, besser gleich hin zur Villa Claudia – wer weiß, wie lange die Rampe sich noch hält.
Die Schau „Heroes Never Die“ mit Arbeiten von Matthias Bildstein und Philippe Glatz ist bis 7. April, Fr 16 bis 18 Uhr , Sa 15 bis 18 Uhr und So 10 bis 12 und 15 bis 18 Uhr in der Feldkircher Villa Claudia zu sehen. www.kunstvorarlberg.at
Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.