Barbie und Lucky Luke als Liebespaar

Kultur / 26.03.2019 • 21:18 Uhr / 3 Minuten Lesezeit
Den „Liebestrank“ als Puppenspiel in einem Kinderzimmer zu inszenieren, diese Idee des Regisseurs Ulrich Wiggers funktioniert erstaunlich gut. theater/freese
Den „Liebestrank“ als Puppenspiel in einem Kinderzimmer zu inszenieren, diese Idee des Regisseurs Ulrich Wiggers funktioniert erstaunlich gut. theater/freese

„Der Liebestrank“ mit Witz, der die menschliche Dimension des Stücks nicht verraten hat.

St. Gallen Schauplatz ist ein Kinderzimmer. Die große Schwester liest die Geschichte von Tristan und Isolde, der kleine Bruder zerrt ihr das Buch aus der Hand und zerreißt demonstrativ eine Seite. Dann verschwindet das Video. Wir befinden uns auf der Bühne, dem Boden des Kinderzimmers: links eine Kommode, rechts ein Puppenhaus, in der Mitte der Wand eine Steckdose. Der Chor der Landleute tritt auf, holzgeschnitzte Puppen, die wie in E. Th. Hoffmanns „Nussknacker“ zum Leben erwacht sind. Den „Liebestrank“ nicht unter dem Landvolk des 19. Jahrhunderts, sondern als Puppenspiel in einem modernen Kinderzimmer zu inszenieren, diese Idee des Regisseurs Ulrich Wiggers funktioniert erstaunlich gut. Der soziale Unterschied zwischen dem Landarbeiter Nemorino und der von ihm geliebten belesenen Gutsherrin Adina tritt zwar in den Hintergrund. Dafür schaffen die Puppen von Leif-Erik Heine andere Assoziationsmöglichkeiten. Am gelungensten bei Nemorino, der als lonesome Cowboy Lucky Luke auftritt und einmal auf einer holzgeschnitzten Kuh einreitet (wozu aus dem Orchester ein tiefer Ton ertönt). Adina ist eine Barbiepuppe mit mehreren Kostümwechseln, am Schluss erscheint sie als kesses Cowgirl in Hot Pants.

Elegante Belcantoverzierungen

Der Sergeant Belcore, Nemorinos Rivale, beeindruckt mit Gummimuskelwülsten wie eine Kreuzung aus Conan der Barbar und dem Michelinmännchen, der Wunderdoktor Dulcamara als fernöstlicher Zauberer. Für die Sänger, die ein wahres Fest der Stimmen boten, war es eine zusätzliche Herausforderung, diesen Figuren echtes Leben einzuhauchen. Hier beeindruckte am meisten der Tenor Alexey Neklyudov, der den melancholischen Nemorino nicht nur hinreißend schön, mit weichem Schmelz und eleganten Belcantoverzierungen, sang, sondern diesem Liebestoren auch anrührend menschliche Züge verlieh. Tatjana Schneider hat die passende sahnig-schlanke Stimme als kokette Adina, der Belcore Shea Owens überzeugte mit seinem klangvollen Bariton.

Ein Genuss war der schlank und agil geführte Bass des Dulcamara David Stout, der mit besonders komödiantischem Spiel brillierte. Auch musikalisch ließ dieser Abend keine Wünsche offen: Maestro Rizzo dirigierte mit Schwung und Präzision das Orchester, das die zahlreichen Instrumentalsoli bravourös meisterte und die Sänger nie überdeckte, der Chor sang und tanzte sichtlich mit Freude. Fazit: ein musikalisch, darstellerisch und optisch höchst vergnüglicher Opernabend voller witziger Anspielungen, die die menschliche Dimension des Stücks nicht verraten haben.

Nächste Aufführung am 31. März und zahlreiche weitere: www. Theatersg.ch

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