Sehnsucht nach dem Geruch von Jasmin

Kultur / 29.03.2019 • 19:56 Uhr / 3 Minuten Lesezeit
Sehnsucht nach dem Geruch von Jasmin

Jad Turjman erzählt von seiner Flucht.

Roman „Weiterleben zu wollen war auch eine Entscheidung, die ich nach meinem ersten Trauma traf. Selbst meine Entführung und die Folterung schafften es nicht, mir mein Lachen zu nehmen.“ Der Ich-Erzähler beginnt mit diesen Worten den Bericht über seine Flucht, zu der er sich nach dem Erhalt seines Einberufungsbefehls zur syrischen Armee entschließt. Seine Familie, eingeschlossen Onkel, Tanten und deren Kinder, kommt und hilft gemeinsam mit möglichst viel Geld, mit Kontakten zu Freunden, die Schlepper oder andere Fluchtmöglichkeiten kennen. Sogar beim Packen des Koffers hilft sie dem Erzähler, der bislang alle Fahrten selbstständig geplant und durchgeführt hat. Da wird der Unterschied zur erzwungenen Flucht deutlich. Der junge, intelligente Mann, der im Magistrat des zerstörten Damaskus eine wichtige Stelle zur Wohnraumbeschaffung für Ausgebombte besetzt, ist in dieser Situation wie gelähmt.

Wie der Großteil seiner Landsleute wünscht er sich eine demokratische Heimat. Er will weder töten noch sich töten lassen, auch wenn man ihm „erklären“ will, dies sei das Ziel der Bevölkerung. „Dieselbe Geschichte spielt sich immer wieder ab, mit jeweils unterschiedlichen Vorzeichen.“ Zwar liest er vor seiner Flucht im Internet Berichte anderer Geflüchteter, recherchiert in alle Richtungen, versucht daraus zu lernen: „Die Realität übertrifft ihre Berichte dann bei Weitem.“ Trotz Rückschlägen und Betrugs der Schlepper und Geldnot bewahrt er Ruhe, nimmt Hilfsangebote dankbar an. Er erlebt lebensbedrohliche Krisen. Aus jeder retten ihn Menschen, die er „meine Schutzengel“ nennt. Schrecklich sind die Schilderungen aus den Folterkammern, wo Gefangene „Kostproben von dem erhalten, was sie in der Hölle erwartet“. Sein Vater kauft ihn frei, vor der Freilassung muss er die Hinrichtung der vier Männer ertragen, mit denen er die Kammer teilte. Der höchstens dreißig Minuten lange „Vorgang“ wird den Erzähler sein Leben lang verfolgen. Seine verhaltene Erzählweise verstärkt den beklemmenden Eindruck. salg

Jad Turjman, “Wenn der Jasmin auswandert”, Residenz Verlag, 254 Seiten.

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