Walter Fink

Kommentar

Walter Fink

Architektur in Diskurs bringen

Kultur / 30.03.2019 • 09:59 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Ohne ihn würde die österreichische Literatur anders sein. Ohne ihn würde auch die österreichische – und nicht zuletzt die Vorarlberger – Architektur nicht so dastehen, wie sie sich heute präsentiert. Friedrich Achleitner war eine Doppelbegabung. Er war ein Sprachkünstler in seinen Gedichten oder auch kurzen Prosastücken; als scharfer Beobachter und auch Formulierer in Sachen zeitgenössische Architektur wurde er zum ersten Architekturkritiker (in der „Presse“). Er war nicht zuletzt ein Freund Vorarlbergs. Am Mittwoch ist Friedrich Achleitner mit 88 Jahren in Wien gestorben.

Ohne Friedrich Achleitner würde auch die österreichische Architektur nicht so dastehen, wie sie sich heute präsentiert.

Vor gut drei Jahren war Friedrich Achleinter zum letzten Mal in Vorarlberg. Im Architekturinstitut wurde das Buch „Friedrich Achleitners Blick auf Österreichs Architektur nach 1945“, herausgegeben von Roland Gnaiger von der Kunstuniversität Linz, vorgestellt. Darin ist seine legendäre, über 40 Jahre entwickelte Vorlesungsreihe zur Architektur Österreichs gesammelt. Ein Kultband. Ebenso wie die Reihe „Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert“, die erstmals 1980 im Residenz Verlag erschien und auch Vorarlberg enthielt. Die Jahre davor hielt sich Achleitner oft im Land auf, manchmal hatte ich das Glück, ihn auf den Fahrten mit seinem Saab begleiten zu dürfen, damit auch seine Kommentare zu den besichtigten Häusern zu hören. Es waren meine wichtigsten Begegnungen mit Vorarlberger Architektur – mit Achleitner als Lehrer. Er war es auch, der als erster den Stellenwert der damals neuen Architektur erkannte: „Man kann ohne Übertreibung von einer regionaler Architektur sprechen, die sich immer mehr ihrer Eigengesetzlichkeit und Tradition bewusst wird, ohne – und das ist ebenso bedeutend – vordergründig traditionalistisch zu sein.“ Das war das erste große Lob für Vorarlbergs Architektur, dem noch viele folgen sollten.

Friedrich Achleitner kam aber nicht nur als Architekt, sondern auch immer wieder als Dichter ins Land. Schon Anfang der Siebzigerjahre wurde er zu Lesungen eingeladen, zum Teil gemeinsam mit seinen Freunden von der Wiener Gruppe (H.C. Artmann und Gerhard Rühm), die österreichische Literaturgeschichte geschrieben hatte. Als ihm 2009 (erst als siebtem Künstler) der Ehrenring der Secession und zwei Jahre später der Watzlawick-Ehrenring verliehen wurde, meinte Achleitner: „Ich möchte die Mauern des Unverständnisses niederreißen und Fantasie, Ratio und emotionale Wissenschaft in einen Diskurs bringen.“ Das ist ihm zumindest in Einzelfällen gelungen, in Bezug auf die Vorarlberger Architektur sogar weitgehend.

Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.

Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.