Bilderbuchstart in die neue Saison des Ensembles Concerto Stella Matutina

Kultur / 31.03.2019 • 13:00 Uhr / 1 Minuten Lesezeit
 Svetlina Stoyanova mit dem Vorarlberger Ensemble auf der Kulturbühne. Ju
Svetlina Stoyanova mit dem Vorarlberger Ensemble auf der Kulturbühne. Ju

GÖTZIS. Das war doch die kecke Rosina aus Rossinis „Barbier von Sevilla“ vom Opernstudio der Bregenzer Festspiele, die schon im vorigen Sommer mit ihren stimmlichen und optischen Vorzügen den Herren diesseits und jenseits der Rampe den Kopf verdreht hat. Nun stand die Bulgarin Svetlina Stoyanova, noch keine 30, als Dreh- und Angelpunkt auf der Kulturbühne AmBach und verschaffte dem heimischen Barockorchester Concerto Stella Matutina einen Bilderbuchstart in die neue Saison.

Zwischen Rossinis abenteuerlichen Koloraturen, die Rosina dort etwa in ihrer berühmten Arie „Una voce poco fa“ zu bewältigen hat, und diesem barocken Opernabend „L’amore a Napoli“ ist kein großer Unterschied. Stoyanova, Gewinnerin des renommierten „Neue Stimmen“-Gesangswettbewerbs 2017 und seit dieser Saison Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper, bewältigt beides mit links. Ihr warm getönter Mezzo gehorcht ihr aufs Wort, klingt leicht, sinnlich und mit höchster Präzision. Und vor allem: Sie versteht mit ihrer Bühnenpräsenz und der liebreizend natürlichen Ausstrahlung auch ganz ohne Kulissen und Kostüme echte Theateratmosphäre zu schaffen, bei der der Funke überspringt.

Festspielniveau

Dabei geht es bei den vielen Varianten der Liebe im alten Neapel, für die sie behende in sechs verschiedene Rollen schlüpft, davon vier von Männern, natürlich vor allem um menschliche, allzu menschliche Regungen, wie Cellist Thomas Platzgummer das in kleinen ironischen Einschüben treffend charakterisiert. Gleich beim Auftritt lässt Stoyanova bei der Arie des Nerone aus Händels „Agrippina“ ihrem Zorn in einem Bombardement von Stakkato-Koloraturen freien Lauf und erinnert darin an die Bartoli zu ihren besten Zeiten. Sie wird zum verknallten Erminio aus Porporas „Siface“, der seine Geliebte anbetet, gibt dem um seine Freiheit flehenden Gefangenen in der berühmten Arie „Lascia ch’io pianga“ aus Händels „Rinaldo“ berückend Kontur und lässt sich als Alvida aus Sarris Oper „Valdemaro“ sogar auf ein ungleiches Duett mit Herbert Walser-Breuss an seiner Barocktrompete ein – alles geschmackvoll, stilsicher und in gezügelter Leidenschaft überzeugend. Womit nun Festspielniveau auch in der Barockreihe AmBach Einzug gehalten hat.     

Verantwortungsbewusstsein

Wohl kaum besonders zu betonen, dass unter solchen Gegebenheiten auch die Mitglieder des CSM unter Konzertmeister David Drabek zu großer Form auflaufen, wie man sie zuletzt bei Bachs „Matthäus-Passion“ in Feldkirch erlebt hat, sich dabei aber von der bescheidenen Solistin auch nicht auf die bloße Begleiterrolle reduzieren lassen. Sie führen zwischendurch anhand von neapolitanischen Opern-Ouvertüren und -Zwischenspielen selbstbewusst ihre instrumentalen Trümpfe ins Treffen, die zuletzt ihren Weg nach oben markiert haben: hohe spieltechnische Qualität, dynamische Breite zwischen Sturmwind und sanftem Lüftchen, spürbares Verantwortungsbewusstsein für die Pflege Alter Musik und jener gemeinsame Geist, aus dem heraus sie ihr unverwechselbares Sound-Design entwickelt haben, längst zum Markenzeichen von CSM geworden. Damit hat die engagierte Truppe um Bernhard Lampert ihren Radius zuletzt allein im Dezember auf zehn Auftritte ausgeweitet und ist auch auf zehn Tonträgern mit barocken Raritäten vertreten.

Fast beängstigende Ovationen, wie man sie selbst in dieser Reihe selten erlebt, lassen das Ensemble für die zweite von drei Zugaben noch in die Hitkiste greifen. Stoyanova stattet Händels viel strapaziertes Largo („Ombra mai fu“) mit so entwaffnender Schlichtheit aus, dass es vielen die Tränen in die Augen treibt. Fritz Jurmann

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