Angeeckt, weil er guten Willens war

Vorarlberger Künstler Edmund Kalb in großer Übersichtsausstellung im Leopold Museum in Wien.
Wien, Bregenz Als Mensch, der sich mit Künstlern in aller Welt austauschte, der als Protagonist einer Bewegung für den Frieden Esperanto lernte, der sich mit den Behörden anlegte, weil er die obrigkeitshörige Stimmung im kleinstädtischen Milieu zu Beginn des 20. Jahrhunderts nicht mittrug, galt Edmund Kalb (1900-1952) zeitlebens als Außenseiter. Was ihm in einer Metropole mit ihren Intellektuellenzirkeln als Künstler vielleicht genützt hätte, wirkte abseits davon, in Dornbirn, fatal. Nach dem frühen Tod infolge eines Magengeschwürs wurde ein großer Teil des Werks verbrannt. Zur Reputation brauchte es nicht nur das besondere Engagement einiger in Vorarlberg ansässiger Künstler, das dem Schaffen Kalbs einige Jahre nach seinem Tod durchaus zuteil wurde, sondern vor allem den Forschergeist von Kunsthistorikern. Rudolf Sagmeister und Kathleen Sagmeister-Fox haben das Werk von Edmund Kalb wie jenes von Rudolf Wacker (1893-1939) aufgearbeitet. Ab Mitte der 1980er-Jahre fanden Ausstellungen in Vorarlberg, in New York und Rom statt und auch das Kunsthaus Bregenz widmete sich in seinen Gründerjahren dem nahezu vergessenen Künstler, der mit Zeitgenossen ebenso in Verbindung zu bringen ist, wie mit später auftretenden Größen wie etwa Arnulf Rainer oder Otto Zitko.
Im entsprechenden Umfeld
Edmund Kalb nun in Begleitung eines umfangreichen, zweisprachigen Katalogbuchs im Leopold Museum in Wien mit seinen Schiele-, Gerstl- oder Kokoschka-Schwerpunkten präsentieren zu können, erachtet Rudolf Sagmeister als folgerichtig. Dass der Sammler Rudolf Leopold einst Werke von Kalb wie auch von Wacker erworben hat, zeugt von Qualitätsbewusstsein und Einordnungsgabe. Dass neben der Sonderschau, die am Donnerstagabend eröffnet wird, in der allgemeinen Sammlung des Leopold Museums nun auch mehr als einer Handvoll Wacker-Bildnissen zu begegnen ist, kommentiert Rudolf Sagmeister mit dem Hinweis, dass man in öffentlichen Häusern in Wien zurzeit mehr von den Vorarlberger Künstlerpersönlichkeiten sehen kann, als es hierzulande der Fall ist. Viele Beobachter pflichten ihm bei: Die bildende Kunst genießt bei den Bregenzer Museumsmachern aktuell nicht die ihr zustehende Aufmerksamkeit.
Mit forschendem Blick
„Kalb war ein Künstler mit hoher Reflexionsgabe“, erklärt Sagmeister im Gespräch. Frühere Zeichnungen, Porträts von Kollegen oder Familienmitgliedern habe er sich immer wieder vorgenommen und mit handschriftlichen Skizzen versehen. Der forsche Blick, den er seinen Porträtierten mitunter attestierte, kennzeichnet auch die eigene Arbeitsweise. Er habe die Mittel der Kunst, die Bedeutung der Linie untersucht wie kaum ein anderer und er hat sich mit Naturwissenschaften, besonders mit der Physik oder mit der Astronomie, auseinandergesetzt und dies auch in seinem zeichnerischen Werk dargelegt. Die Selbstporträts der späteren Jahre bezeugen selten Auseinandersetzung mit der Selbstdarstellung oder mit eigenen Gemütszuständen, Kalb beschäftigte sich mit dem Intellekt. Er sammelte unter anderem Kunstbücher, hat ein Mappe mit Van-Gogh-Arbeiten erworben und suchte nach Kommunikation mit Kollegen. Im Ausland fand er sie gelegentlich, in Vorarlberg zog er sich zurück und bringt seine Situation nicht nur im Werk, sondern auch mit einem Satz zum Ausdruck, auf den sich heutige Engagierte gerne beziehen, denn sich darum zu bemühen, „Ärmlichkeit und Kälte durch Denken bzw. Nachdenken zu überwinden“, ist wohl nach wie vor gültig.
Akt im Dachbodenversteck
Übrigens: Dass Bigotterie dazu führte, dass einst von den Erben Kalbs vor allem auch Aktzeichnungen vernichtet wurden, während man Porträts auch verscherbelte, lässt den Umfang des Gesamtschaffens nur erahnen. Rudolf Sagmeister hat, versteckt auf einem Dachboden, einen mannsgroßen Akt entdeckt. Er stammt aus dem Jahr 1930 und ist nun in Wien zu sehen.
„Es ist wichtig, das Werk von Edmund Kalb international in Diskussion zu bringen.“






Die Ausstellung wird am Donnerstagabend eröffnet und ist vom 24. Mai bis 18. August im Leopold Museum in Wien zu sehen: www.leopoldmuseum.org