Der Lust auf Bilder nachkommen

Vorarlberg Museum präsentiert Arbeiten von Angelika Kauffmann aus Privatsammlungen.
bregenz Arbeiten, die die Qualität des Werkes von Angelika Kauffmann (1741-1807) repräsentieren, sind längst in namhaften Sammlungen und großen Museen, zählen gar zu deren zentralen Schätzen. In der Region ist das selbstredend das Vorarlberg Museum, doch aufgrund besonderer Nachlassmechanismen der kinderlos in Rom gestorbenen, väterlicherseits aus dem Bregenzerwald stammenden, in Chur geborenen Künstlerin gelangten Hauptwerke unter anderem ins Museum in Chur, ins Kunsthaus in Zürich oder auch ins Tiroler Landesmuseum. Letzteres wurde vor jenem in Bregenz gegründet und galt daher jenen Verwandten als Adresse, die damals Arbeiten der Öffentlichkeit zugänglich machen wollten. Vorarlberger wissen es, das berühmte Selbstporträt in Bregenzerwälder Tracht aus dem Jahr 1781 befindet sich in Innsbruck und wird wohl auch dort bleiben.
Was das Vorarlberg Museum nun offeriert, sind Einblicke in private Sammlungen. „Unbekannte Schätze“, der Begriff im Untertitel der Ausstellung, die im Vorjahr im ähnlichen Ausmaß in Wörlitz gezeigt wurde, ist nicht dahingehend zu interpretieren, dass sich die Positionierung von Angelika Kauffmann innerhalb der Kunstgeschichte aufgrund aktueller Forschungsergebnisse oder neu gesichteter Werke verändert hätte. Da Arbeiten der Malerin aber laufend auf den Kunstmarkt kommen, sind sie auch Fachleuten zugänglich und ergänzen die Themenbereiche Selbstbildnis, Mythologie, Literatur, Künstler- und Auftragsporträts. Zentrale Expertin ist Bettina Baumgärtel, die an einem Werkverzeichnis arbeitet und bereits vor rund 20 Jahren eine umfangreiche Kauffmann-Retrospektive in Düsseldorf startete, die nach München und Chur kam. Baumgärtel ist auch als Kuratorin der am Freitagabend in Bregenz zu eröffnenden Schau tätig, die am Tag darauf im Kauffmann-Museum in Schwarzenberg mit Werken religiösen Inhalts ein sinnvolles Addendum erhält, repräsentiert die Pfarrkirche im Bregenzerwälder Ort doch ganzjährig ein Früh- und ein Spätwerk der Kauffmann.
Fragwürdige Ursprünge
Der Katalog reiht sich als umfangreicher Band zu den guten Publikationen über die Künstlerin und es besteht Aussicht auf Weiterleitung des Projektes mit seinen rund 150 Exponaten an andere Sammler- oder Wirkungsorte. Wenig Interesse wird man dort an gut gemeinten, aber schlecht getroffenen Kauffmann-Reproduktionen haben. Ein Beispiel der allein vom Künstlerischen her gängigen Praxis ist für die regionale Geschichte aufgrund der damit einhergehenden Umstände von besonderer Pikanterie. In den Gründerjahrzehnten des Landesmuseums, in denen man mehr denn je auf Spender angewiesen war, verlor man aufgrund eines Tausches, den auch Baumgärtel als „Kuhhandel“ bezeichnet, wertvolle Originale und musste sich mit Kopien von Anton Burtscher zufrieden geben. Der „erneute“ und erfolgreiche Ankauf eines der Originale, der einem finanziellen Kraftakt gleichkam, wurde erst vor Kurzem mit der Präsentation des „Selbstbildnis im Alter“ gefeiert.
Neben der nachvollziehbaren Aufnahme einiger Exponate hält sich das Museum am Bregenzer Kornmarkt mit Kauffmann-Werken aus eigenem Besitz in diesem Rahmen aber zurück. „Der Frieden scherzt mit Pluton als Kind – Friede bringt Überfluss“ aus dem Jahr 1797 wurde ebenfalls dem Tiroler Museum angeboten, kam dann doch in den Bregenzerwald, soll gar in einem Gasthaus ausgestellt gewesen sein, gehört seit geraumer Zeit dem Vorarlberg Museum und leuchtet nun in einem Ausstellungsabschnitt, in dem auch ein kleiner, feiner Fund besonders hervorgehoben wird. Es handelt sich dabei um einen Illustrationsentwurf für Goethes „Egmont“ von 1787, der das Thema Freiheit zum Inhalt hat. Freiheit wie eben auch der Friede galten der gebildeten Kosmopolitin, die sich mit Schriftstellern und Gelehrten umgab, als Garant für Wohlstand. Das „Bildnis Winckelmann“ aus dem Jahr 1764, eines der besten Kauffmann-Porträts, das den deutschen Archäologen und Aufklärer zeigt, kommt aus dem Kunsthaus Zürich und befindet sich nun in einer Privatsammlung-Schau, weil es eine Reihe von Reproduktionen gibt bzw. weil sich Kauffmann – beflügelt vom großartigen Feedback auf ihr Werk – selbst an die Radierarbeit gemacht hat.
England und Italien
Zu jeder großen Kauffmann-Ausstellung gehört die Nacherzählung des Werdegangs der Malerin. Nach frühen Italienreisen reüssierte sie in London, zählte zu den Gründungsmitgliedern der Royal Academy, zählte den Adel und Hochadel zu ihren Auftraggebern und bezog in Rom einen Palazzo, der als Atelier und Salon fungierte und in dem sie sowohl die erwähnten Schriftsteller und Gelehrten (Goethe, Herder etc.) empfing als auch Gesandte des Papstes oder Aristokraten aus verschiedenen Ländern. Dass diese das Familiensilber und Sammlungen veräußern, speist seit Jahrzehnten den Kunstmarkt. So manches Gemälde gewinnt auch an Kaufwert, wenn behauptet werden kann, dass namhafte Persönlichkeiten – wie etwa Mitglieder der Spencer-Family, aus der Lady Diana stammt – unter ihm tafelten.
Abgesehen von derlei Mechanismen dürfen sich Besucher der Ausstellung im Vorarlberg Museum über die kurzzeitige Zusammenführung der Gemälde „Flora“ (1790) und „Ceres“ (1785) freuen, die bislang in privaten Haushalten weitgehend im Verborgenen blieben. Dass Angelika Kauffmann selbst Alte Meister kopierte, ist bekannt und war zudem Bestandteil der Ausbildung. Dass sie Raffael besonders gut hinbekam, sollte nicht übersehen werden, und mit „Eleanora saugt Gift aus der Wunde ihres Mannes, des Königs Eduard I.“ (1776) ist auch eines der größeren Historienbilder nun dank des Engagements eines privaten Sammlers im Vorarlberg Museum zu sehen, das die eigenen Kauffmann-Schätze fast grundsätzlich unter Verschluss hält. Was der Öffentlichkeit gehört, belässt man somit weitgehend im Depot. Der Lust auf Bilder kommt man nun immerhin mit diesem Leihgaben-Projekt nach.
Vom 15. Juni bis 6. Oktober im Vorarlberg Museum in Bregenz; vom 16. Juni bis 3. November im Kauffmann-Museum in Schwarzenberg: www.vorarlbergmuseum.at
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