Viele Chöre haben sich formiert und arbeiten mit geballter Energie

„Tage der Kirchenmusik“ als Gemeinschaftserlebnis für die Kirchenchörler.
BATSCHUNS Die Anziehungskraft eines Markus Landerer ist auch zwölf Jahre nach seinem Abgang als Domkapellmeister von St. Stephan in Wien ungebrochen. Dazu trug seither auch seine Präsenz als Leiter der jährlichen Großprojekte mit der Chorakademie Vorarlberg bei. Jedenfalls sind die Anmeldungen von Sängern aus den Kirchenchören des Landes geradezu explodiert, als bekannt wurde, dass Landerer diesmal die „Tage der Kirchenmusik“ im Bildungshaus leiten würde.
So ist die Stimmung unter den mehr als 90 Teilnehmern zwischen 20 und 80 bei unserem Besuch am ersten Tag entsprechend erwartungsvoll, aber auch konzentriert. Man weiß, dass dieser Markus Landerer nicht nur ein netter Mensch ist, der seine Chorleute mit bayerischem Charme während der Proben bei Laune hält, sondern als exzellenter Kenner sakraler Chormusik auch Leistung verlangt. So wird pro Tag, mit entsprechenden Pausen, bis zu sechs Stunden gesungen. Immerhin gilt es diesmal, innerhalb weniger Tage eine der sechs großen Orchestermessen Schuberts, die Nr. 3 in B-Dur, aufführungsreif einzustudieren. Landerer ist da im VN-Gespräch durchaus optimistisch: „Ich kenne das Werk seit vielen Jahren und habe festgestellt, dass es nicht reicht, die Noten sauber abzusingen. Damit die dynamische Planung, die harmonische Struktur und das textorientierte Phrasieren zum Leben kommen, braucht es viel Wissen, um mit dieser zusammengewürfelten Gemeinschaft aus Chorleitern und Amateuren einen gemeinsamen Klang und eine einheitliche Sprache zu finden. Es ist natürlich eine große Herausforderung, aber wir haben in allen Stimmen gute Stützen, unter anderem auch von meiner Chorakademie, und ich bin eigentlich schon mit dem ersten Eindruck sehr zufrieden.“
Daneben empfiehlt Landerer den anwesenden Chorleitern Stücke von mäßigem Schwierigkeitsgrad für den praktischen Gebrauch. Unter dem Motto „Wiener Kirchenmusik aus fünf Jahrhunderten“ stellt er in einer großen Bandbreite interessantes Material von der Renaissance bis herauf zu Planyavsky und eigenen frühen Werken vor. Dazu steht auch eine eigene Notenausstellung für Chor und Orgel zur Verfügung, das Angebot wird ergänzt durch Kurse für Stimmbildung, die Wahl geeigneter Liturgie mit neuen geistlichen Liedern für Wort-Gottes-Feiern und eine geistliche Begleitung mit einer Kunstführung und täglichen Gottesdiensten.
Mangelware Mann
Bernhard Loss, der als bewährter Kirchenmusikreferent der Diözese auch diesen Kurs vorbereitet hat, unterstreicht dessen Bedeutung als Gemeinschaftserlebnis, bei dem die Teilnehmer am Schluss bereichert und mit vielen praxisorientierten Erfahrungen heimkehren. Er beobachtet aber auch sehr genau die strukturelle Entwicklung der Kirchenchöre in Vorarlberg: „Durch die Zusammenlegung mancher Pfarrgemeinden haben sich auch deren Kirchenchöre neu formiert. Ich sehe das durchaus positiv, das tut uns allen gut. Wir haben dann vielleicht nicht mehr in jeder Pfarre einen Kirchenchor und damit weniger Aufführungen, dafür aber aus der Konzentration heraus die geballte Energie einer in einem neuen Geist formierten Singgemeinschaft, bei der Synergien freigesetzt werden.“
In den rund 100 Kirchenchören des Landes singen derzeit etwa 3000 Erwachsene und 1000 Jugendliche, die in den Jugendchören freilich ziemlich eigene Wege gehen. Männerstimmen stellen mit einem Drittel am Gesamtanteil Mangelware dar. „Dafür stehen in den kirchlichen Strukturen die Männer allein an der Spitze und die Frauen sind die tragende Basis“, kann sich Loss einen Seitenhieb zur derzeit viel diskutierten Situation nicht verkneifen. Auch Chorleiter gibt es im Land gerade so viele, dass der laufende Bedarf abgedeckt werden kann. Fritz Jurmann
Sa, 13. Juli, 19 Uhr, Pfarrkirche Frastanz: Abschlussgottesdienst mit Aufführung der Schubertmesse mit Soli, Chor und der Sinfonietta Vorarlberg, Leitung: Markus Landerer
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