Von Don Quijote bis Donald Duck

Kultur / 05.08.2019 • 22:00 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Von Don Quijote bis Donald Duck
Das Cölner Barockorchester und der Schriftsteller Michael Köhlmeier sorgten beim letzten “Musik & Poesie”-Abend der Bregenzer Festspiele für ein vollbesetztes Seestudio. BF/KÖHLER

Informativ und inspirierend: Festspielprojekt mit Michael Köhlmeier und dem Cölner Barockorchester.

Bregenz Bevor Stalin seinen Offizier Karl Wiktorowitsch Pauker als zu klugen Mitwisser seiner Pläne ermorden ließ, soll dieser ihn noch bespaßt haben. Pauker war ein Meister im Nachäffen. Narren, die ihrem Herrn dienen, wie das in Geschichte und Literatur mehrfach der Fall ist, widerfährt mitunter Böses oder sie sind böse. Und sie werden dann unheimlich, wenn sie für das Böse, das sie tun, kein Motiv haben. Wie Joker im „Batman“, der im „Lachenden Mann“ von Victor Hugo sein Vorbild hat.

Nachdem Verdis heuer auf dem See gespielte Oper „Rigoletto“, konzipiert nach dem Drama „Le roi s’amuse“ vom erwähnten Hugo, ein gutes Beispiel für die fatale Abhängigkeit eines Narren von seinem Herrn offenbart, war es eine hervorragende Idee der Festspielleitung, den Schriftsteller Michael Köhlmeier für einen Abend der Reihe Musik & Poesie zu engagieren. Seine Darlegung der Schicksale von Narren von Luzifer bzw. von der griechischen Antike bis Donald Duck (jawohl, die anthropomorphe Ente von Carl Barks ist gemeint) ergab im Verbund mit einem Konzert des Cölner Barockorchesters, das sich auch einem anderen Herren-Narren-Duo, nämlich Don Quijote und Sancho Panza in der Gestaltung von Georg Philipp Telemann widmete, ein höchst aufschlussreiches Programm. Die diesjährige, mittlerweile abgespielte Oper im Haus, „Don Quichotte“ von Massenet, war somit ebenso präsent wie das Schauspiel „Don Quijote“ nach Miguel de Cervantes, das nach der Premiere in Bregenz ans Deutsche Theater Berlin kommt. Kein Wunder, dass das große Seestudio vollbesetzt war.

Demnächst beim Philosophicum

Die Komplexität einer Erzählung von Michael Köhlmeier muss man miterleben, ein paar Aspekte mögen zum Griff zu einigen seiner Werke motivieren, zudem ist Köhlmeier Ende September wieder beim Philosophicum in Lech einer der Referenten, und im Verlag Hanser erscheint demnächst das neue Buch „Der werfe den ersten Stein“, das er gemeinsam mit dem Philosophen Konrad Paul Liessmann verfasst hat.

Als Narr Gottes durfte der Teufel die Schöpfung kritisieren, die Menschen gaben ihm allen Grund dazu. Dafür erhielt er die Erlaubnis, Hiob zu prüfen. In der griechischen Mythologie hat Hephaistos eine ähnliche Rolle, er straft mit dem, was die, die er ins Visier nimmt, am liebsten tun. Im Krieg erhalten Narren besonders hässliche Züge, mit solchen rechnet Shakespeare in „Troilus und Cressida“ eindrücklich ab, ein Drama, das Köhlmeier eigens als Lektüre empfiehlt. Cervantes war bekanntermaßen Zeitgenosse von Shakespeare. Zwischen seinem Don Quijote und Sancho Panza hat sich das Herr-Narr-Verhältnis gedreht, weil sich die Zeit verändert hat. Und Donald? Der lässt sich von Dagobert zum Narren machen, hat aber unsere Sympathie – im Gegensatz zu jenen, die nur Böses tun, weil sie es können.

Erika Fuchs hat die Barks-Geschichten als Frau im Bunde so witzig übersetzt, dass wir uns immer noch an ihrem Erikativ ergötzen. Justyna Skatulnik ist Konzertmeisterin des Cölner Barockorchesters, das die Kompositionen von Telemann entsprechend burlesk auf alten Instrumenten vermittelte. Jeder Part ist ein Spaß für sich, und angesichts der spannenden Interpretationen und der Aufmerksamkeit, die die Musikerinnen und Musiker dem Erzähler schenkten, erlebte man eine kompakte, mitreißende, informative Inszenierung, die zum Nachlesen einiger Werke und Nachhören der CD-Produktion „Towards Heaven“ des Orchesters animierte.

Auftritt von Michael Köhlmeier beim Philosophicum Lech am 25. September mit Konrad Paul Liessmann. Philosophicum-Thema bis 29. September: “Eliten und Demokratie”.

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