Freche Liebesspiele

“Orphée aux enfers” als witzig sexualisierte Opéra bouffe in toller Besetzung.
Salzburg, Bregenz Wozu er sich ihr wohl als Fliege nähert? Dass Jupiter die Gestalt verschiedener Tiere annahm, um die jeweilig Auserwählte erobern zu können, davon erzählt die Mythologie. Bei dieser Eurydice wäre das gar nicht notwendig gewesen, in der Deutung von Barrie Kosky schmeißt sich die in der Unter- bzw. Götterwelt gelandete Erdenbewohnerin an jeden ran, der es halbwegs bringt, zu nah ist die Erinnerung an das langweilige Eheleben mit dem Musiker Orpheus. Nicht dass die meist zu den Highlights von “Orphée aux enfers“-Inszenierungen zählende Insektennummer unlogisch wäre, das urwitzige, freche Liebesspiel der beiden steht für die unerschöpfliche Menge an Ideen, die Kosky für die Realisierung des Werks von Offenbach einbringt. Und wenn bei den Salzburger Festspielen schon einmal eine Operette dabei ist, dann muss es ordentlich krachen.
Mit einer Besonderheit
Der Antike hat man sich heuer verschrieben. Die Tragik bäumt sich in den dem Motto entsprechenden Opern mächtig auf, wenn Komik möglich ist, soll sie genauso wenig hintanstehen wie die Musik. Enrique Mazzola, der in Bregenz bei See-Opern das richtige Tempo fand, geht diesbezüglich mit Kosky d’accord, die Klangperlen haben zu leuchten und pausenlos zu kullern. Da werden dann selbst nahezu drei Stunden zum Quickie, Offenbach ließ sich ja nicht lumpen, es stecken viele Akte und Takte in seinen Stücken, die er in seinem Théâtre des Bouffes-Parisiens zur Aufführung brachte. Dass er in Opernhäusern landen wollte, tritt in „Hoffmanns Erzählungen“ zutage, in Salzburg erweist man ihm auch mit einer Opéra bouffe die Ehre. Bei der Besetzung lässt man etwas springen, die Wiener Philharmoniker sitzen im Graben, und Stars, die so richtig Stimme haben, werfen sich ins Zeug. Für Kathryn Lewek (Eurydice) gilt das sowieso, dass aber einer, der fast nie singt, alle Aufmerksamkeit auf sich vereint, ist hier das Besondere, und angesichts der Idee, den grandiosen Schauspieler Max Hopp die Sprechtexte sämtlicher Akteure sowie deren Geh-, Ess- und Lustgeräusche live synchronisieren zu lassen, nimmt man es Kosky nicht übel, dass er die Möglichkeiten der politischen Satire weitgehend auslässt. Erotik reicht bei dieser Besetzung. Joel Prieto (Orpheus) zählt zu den Herausragenden wie der Vorarlberger Martin Winkler, der als Jupiter zudem den Spaß auf die Spitze treibt.
Weitere Aufführungen im Haus für Mozart in Salzburg vom 17. bis 30. August, am 17. August, 20.15 Uhr, auf arte und ORF2.
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