Walgauer suchten nicht nur nach Gold

Kultur / 20.08.2019 • 18:48 Uhr / 3 Minuten Lesezeit
Der Ludescher Eduard Fritz lebte in Afrika und Argentinien. Klostertal Museum
Der Ludescher Eduard Fritz lebte in Afrika und Argentinien. Klostertal Museum

Die sehenswerte Wanderausstellung „wo.anders.hin“ dreht sich um das Thema Auswanderung.

Bludenz Walgauer versuchten ihr Glück als Goldsucher in Amerika, bauten Farmbetriebe in Afrika auf oder zogen als Schausteller um die Welt. Dieter Petras hat das Wanderungsverhalten von mehr als 3000 Menschen aus dem Walgau unter die Lupe genommen, die zwischen 1700 und 1914 ihre Heimat verlassen haben. Seine 400-seitige Doktorarbeit liest sich wie ein Kriminalroman. Die Forschungsergebnisse dienen als Grundlage für die Wanderausstellung „wo.anders.hin“, die vom Geschichtsverein Region Bludenz in Zusammenarbeit mit der Regio „Im Walgau“ konzipiert wurde. „Migration ist ein Normalzustand jeder Gesellschaft. Es war mir ein großes Anliegen, die Forschung zu den Menschen zu bringen“, sagt Petras.

Hochinteressante Geschichten

Zahlreiche Walgauer und Walgauerinnen wanderten nach Amerika aus, dort erhofften sie sich ein freies Leben und eigenes Land. Die Brüder Jakob und Johann Michael Häusle verließen 1872 ihr Elternhaus in Schlins. Noch auf dem Schiff lernte Jakob Häusle seine zukünftige Frau kennen. Im Zuge des Goldrauschs schuftete der Walgauer als Minenarbeiter. Die Schlinserin Viktoria Pfister wurde zwangsweise nach Amerika verschifft, ein Schicksal, das sie mit etlichen anderen teilte. Die Gemeinden wollten mit dieser Vorgehensweise Sozialfälle loswerden. 

Antonia Matt kam 1878 ohne Beine zur Welt. Dem kerngesunden Mädchen wurden viele Steine in den Weg gelegt. Erst über Umwege fand sie eine Lehrstelle in Innsbruck in einem Modegeschäft als Schaustelldame. In ihrer Heimatgemeinde wurde sie für ihre Tätigkeit verspottet und musste unfreiwillig nach Ludesch zurückkehren. Schlussendlich gelang ihr die Flucht nach Italien. Mit Zirkus- und Varieténummern konnte sie sich einen Wohlstand in Millionenhöhe erarbeiten. Die italienische Erbin und Modeikone Marchesa Casati war die Enkelin des Göfner Fabrikanten Franz Xaver Ammann.

Die Besucher haben die Möglichkeit, mehr über die Auswanderung aus dem Walgau in Erfahrung zu bringen und spannende Einzelschicksale zu entdecken. Zusätzlich werden Vorträge, Lesungen und Filme angeboten. (www.imwalgau.at/termine) „Die Reaktionen waren bisher sehr positiv. Ein Wunsch von mir wäre, dass wir das Thema Einwanderung für die Öffentlichkeit aufarbeiten könnten. Die Forschungsergebnisse liegen bereits in der Schublade“, freut sich Petras.

Antonia Matt kam ohne Beine zur Welt.  GEmeindearchiv Ludesch
Antonia Matt kam ohne Beine zur Welt. GEmeindearchiv Ludesch
Marchesa Casati war die Enkelin eines Göfner Fabrikanten. Art Gallery of Toronto
Marchesa Casati war die Enkelin eines Göfner Fabrikanten. Art Gallery of Toronto
Der Schlinser Jakob Häusle wanderte als 17-Jähriger nach Amerika aus und gründete eine Familie. Tom Wong
Der Schlinser Jakob Häusle wanderte als 17-Jähriger nach Amerika aus und gründete eine Familie. Tom Wong

ausstellungstermine

Stationen 2019

bis 29. August, Bludenz ­Galerie „allerArt“

4. bis 13. Oktober, Frastanz, Vorarlberger Museumswelt

18. bis 23. Oktober, Göfis, Gemeindekeller

4. bis 17. November, Thüringen, Villa Falkenhorst

 

Stationen 2020

10. bis 24. Jänner, Bürs, Gemeindeamt

8. bis 13. Februar, Ludesch, Valüna-Saal

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