Wie ein Streichquartett ins Sportzentrum kam

Kultur / 23.08.2019 • 12:30 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Wie ein Streichquartett ins Sportzentrum kam
Stradivari-Quartett in der Alpin Sport Zentrale in Schruns. JU

Die „Montafoner Resonanzen“ ermöglichen Ungewöhnliches und schlagen wichtige Brücken.

SCHRUNS Seit der Neuausrichtung der „Montafoner Resonanzen“ vor ein paar Jahren gehört es zu den Gepflogenheiten dieses Festivals, dass die Konzerte meist an neuen, ungewöhnlichen Schauplätzen stattfinden. So hat man zum Start des Kammermusik-Wochenendes ein Programm des international besetzten Schweizer Stradivari-Streichquartetts mangels anderer Räume ins adaptierte Foyer der Alpin Sport Zentrale verortet. Die zahlreichen Konzertbesucher hatten sich rasch an die dort eher problematische Akustik gewöhnt und machten diese völlig neue Erfahrung zum gefeierten Event.

„Wir haben heuer mehr Besucher als in den letzten Jahren“, freut sich der kunstsinnige Gaschurner Hotelier Markus Felbermayer, der als Kurator der Reihe ihr Profil gibt, gegenüber den VN. Und mit einem Schmunzeln: „Vor allem aus dem Rheintal finden viele derzeit auch den Weg in die andere Richtung“.  Verpflichtungen wie das erstmals in Vorarlberg auftretende, exzellente Schweizer Stradivari-Quartett tragen zum guten Ruf des Festivals bei. Das 2007 gegründete Ensemble trägt seinen Namen, weil zu Beginn alle der preisgekrönten Musiker aus Zürcher Orchestern von der Schweizer Stiftung Habisreutinger mit praktisch unbezahlbaren und auf Millionen versicherten Stradivari-Instrumenten ausgestattet wurden. Mittlerweile sind nach einer Umbesetzung davon noch die Violine „Aurea“ des chinesischen Geigers Xiaoming Wang und das Violoncello der Schweizer Quartettgründerin Maja Weber übriggeblieben. Aber auch der zweite Geiger Sebastian Bohren, der als launiger Moderator viel zur guten Konzertstimmung beiträgt, und der polnische Bratschist Lech Antonio Uszynski musizieren bei den internationalen Tourneen und 40 jährlichen Konzerten des Ensembles auf historischem Instrumentarium.

In mildes Licht getaucht

Es ist vor allem der extreme Gegensatz zwischen den rund 300 Jahre alten Instrumenten und dem topmodernen Gebäude, in dem sie erklingen, der das Besondere dieses Konzertes ausmacht. Doch die wohlige Wärme des Klanges mischt sich auch hier trotz einer Akustik, die nichts verzeiht, rasch zu einer ausgewogenen Einheit und taucht die beiden gewählten populären Werke der Wiener Klassik in ein mildes Licht. Haydns „Kaiserquartett“ mit dem berühmten Variationensatz über die alte Kaiserhymne, deren Melodie inzwischen von Deutschland übernommen wurde, kommt in einer behaglichen, nicht überhasteten Spielweise und ohne Pathos zum Tragen. In einem differenzierten Klanggefüge wird genau aufeinander gehört, wenn es um dynamische Abschattierungen und größtmögliche Präzision geht.

Von ganz anderem Zuschnitt ist dagegen das erste von Beethovens drei „Rasumovsky-Quartetten“, op. 59, komponiert für den damaligen russischen Gesandten und im rasanten Finale mit einer russischen Melodie als Reverenz an den Widmungsträger ausgestattet, aber auch einem  Adagio von unglaublicher Tragweite. In diesen ins Sinfonische erweiterten Dimensionen langen die Musiker nun herzhaft zu, bringen in extremen Kraftausbrüchen und glänzend exekutierter kontrapunktischer Arbeit ihre Instrumente und den Raum in gefährliche  Grenzbereiche. Aber am Schluss wird alles gut: Beethoven ist in bekannter Dramatik zu seinem Recht gekommen, das jubelnde Publikum erhält noch drei Zugaben, darunter den Reißer „Liber Tango“ von Astor Piazzolla. Fritz Jurmann

Nächste „Montafoner Resonanzen“: 24. August, 17.30 Uhr, Friedhofskirche Vandans: Bläserquintett des hr-Sinfonieorchesters; Festival-Dauer bis 9. September

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