Ein Abenteuer auf vier Violinsaiten

Rankweiler Basilikakonzerte wagten eine Kombination aus Werken von Bach und Messiaen.
Rankweil Das war am Sonntag wieder einer jener besonderen Abende in der Basilika, die ein musikalisch anspruchsvolles Stammpublikum hier schätzen gelernt hat und denen man in dieser ausgeprägten Form der Inwendigkeit und Spiritualität kaum woanders begegnet. Der zu innerer Einkehr und Andacht einladende Kirchenraum bot das ideale Ambiente für ein Konzept, wie es sich der heimische Organist Christian Lebar gemeinsam mit Kurator Jürgen Deuble unter dem vieldeutigen Motto „Musikalische Jesusbilder“ ausgedacht hatte.
Ein Grundgedanke dabei war, zwei so extrem auseinanderdriftende Komponisten wie Johann Sebastian Bach und Olivier Messiaen in einer direkten Gegenüberstellung miteinander zu konfrontieren, angesichts der zeitlichen und stilistischen Differenz und ihrer nationalen Herkunft eine gewagte Kombination zwischen dem protestantischen, deutschen Barockmeister und dem katholischen, französischen Klassiker der Moderne, die ihr tiefer Glaube verbindet. Vor Beginn ist für den Zuhörer noch Kopfarbeit angesagt im Ergründen eines Abendprogramms, das mit seinen vier Schlagworten Hoffnung, Hingabe, Lebendigkeit und Glückseligkeit mehr einem geistig-philosophischen Lageplan gleicht als der üblichen Abfolge der Stücke. Wer das durchschaut hat, dem erschließt sich ein Konzept von starker Konsequenz, bei dem eins ins andere greift wie bei einem Baukastensystem. Das Material stammt aus drei epochalen Zyklen: Bachs vierstimmigen Choralgesängen, seiner Partita Nr. 2 d-Moll für Violine solo und Messiaens Orgelwerk „La nativité du Seigneur“ („Die Geburt des Herrn“, 1935). Das Faszinierende, für den Zuhörer oft auch Verstörende: Bach und Messiaen prallen mit messerscharfen Kontrasten oft unmittelbar aufeinander, bis sich alles im naiv-gläubig bezeichneten Finalsatz des Franzosen auflöst: „Freudenausbrüche einer Seele vor der Glorie Christi, welche die ihre ist“.

Die sorgfältige musikalische Umsetzung dieser Konzeption ist zunächst Christian Lebar übertragen, einer profunden Organistenpersönlichkeit unseres Landes. Er verwirklicht Messiaens Musik in ihrer meditativen Beschaulichkeit, der elementaren Kraft ihrer Akkordballungen, der schimmernden Vielfarbigkeit mit packendem Zugriff und technisch überlegen, mit Bedacht registriert an der klangprächtigen Pflüger-Orgel, die allerdings ein Nachstimmen der Zungen vertragen hätte. Für die Bach-Partita ist die als Spezialistin in der internationalen Barockszene tätige Geigerin Elisabeth Wiesbauer aufgeboten. Vier Sätze aus diesem unglaublich komplexen Werk werden zu Abenteuern auf vier Saiten, besonders das einzigartige umfangreiche Meisterwerk der kunstreichen Ciaccona mit ihren halsbrecherischen Akkordzerlegungen und einer Polyfonie, die an Grenzen geht.
Nicht auf demselben exzellenten Niveau ist leider der vokale Teil. Die Sopranistin Angelika Kopf, Gattin von Christian Lebar, hat für die Bach-Choräle ein Solistenquartett mit Ingrid Zumtobel-Amann, Mezzosopran, Stefan Gisinger, Tenor, und Thomas Fellner, Bass, zusammengestellt. Dem Anschein nach keine schlechte Auswahl, in der Praxis jedoch erweist sich diese Formation als wenig homogen, kaum fundiert und mit einem an hohen Stellen immer wieder zu vordergründigen Sopran. Auch im musikalischen und textlichen Ausdruck hätte man sich in den mehrstrophigen Liedern einen differenzierteren Ausdruck und mehr Schlichtheit statt Vibrato gewünscht. Viel Zustimmung beim Publikum. Fritz Jurmann
Nächstes Rankweiler Basilikakonzert 13. Oktober, 20 Uhr – Chor- und Instrumentalmusik verschiedener Epochen mit dem Kirchenchor St. Luzius Göfis.
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