Die Natur fordert uns

Kultur / 24.09.2019 • 21:15 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Melanie Manchot hat in Vorarlberg ihr Berg-Projekt fortgesetzt. Manchot, Moser
Melanie Manchot hat in Vorarlberg ihr Berg-Projekt fortgesetzt. Manchot, Moser

Künstlerin Melanie Manchot ließ im Montafon aus gutem Grund Pistenraupen tanzen.

Innsbruck, Schruns Der Tanz der Pistenraupen, ausgeführt und filmisch dokumentiert in den Nacht- bzw. Abendstunden, in denen die Geräte kaum noch als solche wahrnehmbar sind, mit ihren blinkenden Lichtern aber wie riesige Insekten einer Choreografie folgend Bahnen in den Schnee ziehen, ist auf den ersten Blick ein ästhetisches Erlebnis. Gräbt man gedanklich tiefer, verdichtet sich in diesem Bild ein Zwiespalt: Wollen Menschen die Landschaft erkunden, sich mit ihren Schönheiten befassen, so muss sie erschlossen werden. Im wahrsten Sinne des Wortes kann die viel zitierte unberührte Natur gar nicht in unser Blickfeld rücken.

Solche Themen legt die aus Witten in Deutschland stammende und mittlerweile in London arbeitende Künstlerin Melanie Manchot in ihren Arbeiten dar. Den Jänner dieses Jahres verbrachte sie in der Vorarlberger Talschaft Montafon. Eingeladen wurde sie von Hans-Joachim Gögl, um ihren vor allem in der Schweiz erarbeiteten Zyklus „Mountainworks“ in Österreich fortzusetzen. Das Ergebnis wird vom 2. Oktober bis 25. Jänner im BTV-Stadtforum in Innsbruck gezeigt, dessen Programm Gögl verantwortet. In Vorarlberg vor allem als künstlerischer Leiter der Feldkircher Reihe Montforter Zwischentöne bekannt, stellt der Bregenzer Kunstvermittler in der Tiroler Inn-Situ-Reihe immer wieder Bezüge zum westlichsten Bundesland her. Mitunter wird dabei konkret mit Künstlern aus der Region gearbeitet, manchmal sind es Vorarlberger Musiker, die im jeweils umfangreichen Rahmenprogramm der BTV-Stadtforum-Ausstellungen auftreten, gelegentlich kommt es auch zu Kompositionsaufträgen. So wird etwa Johanna Doderer, die bekannte, aus Dornbirn stammende Komponistin, eigens ein Werk schaffen.

Nun wurde also Melanie Manchot in die Berge geschickt. Das Thema ihrer Arbeiten wird vom Ethnologen Konrad Kuhn untermauert, zu dessen Forschungsschwerpunkten die alpine Urbanität zählt. Als Musiker ist Christof Dienz dabei. Der Fagottist im Wiener Staatsopernorchester tritt bei den begleitenden Konzerten am 3. und 4. Oktober in Innsbruck auf den Plan. Die Interpreten sind Mitglieder des bekannten Ensembles Phace. Die Videos der Künstlerin waren Ausgangspunkt für die Konzertinstallation. Dienz: „Ich verbinde dabei natürlich gespielte akustische Instrumente und Elektronik, die die analogen Klänge manipuliert und ins Digitale weiterträgt. So wie Skigebiete die Natur und die Landschaft in den Bergen stark beeinflussen, wird sich die Interaktion zwischen den Musikern und der Technik in der Musik widerspiegeln.“

Hinter den Kulissen

Melanie Manchot hat bereits bei der Planung ihres Aufenthalts im Montafon Kontakte zu jenen Personen hergestellt, die sozusagen hinter den Kulissen eines Berg- bzw. Schigebietes tätig sind, und dabei trotz der schwierigen Bedingungen, die sich ihr stellten, viel Begeisterung erfahren. Während der Zeit ihres Aufenthalts war der Ort Gaschurn aufgrund der dichten Schneefälle zeitweise von der Außenwelt abgeschnitten. Wieviel Technik und Know-how es braucht, damit die Menschen überhaupt ins Gebiet gelangen, wird für Außenstehende etwa auf Fotoarbeiten deutlich, auf denen nicht viel mehr als Knöpfe und Hebel zu sehen sind, die alle erst einmal zu betätigen sind. Alle Arbeiten basieren, so die Künstlerin, auf persönlichen Begegnungen mit den Menschen vor Ort.

Alte Tänze

Die Handlungen und Tätigkeiten, die die Menschen in alltäglicher

Routine verrichten, stehen auf den Fotoarbeiten somit gleichberechtigt

neben Aufnahmen, die die Erhabenheit der Bergwelt vermitteln. Besondere künstlerische Überhöhung erfährt der Themenkomplex in der Videoarbeit „Snowdance“, für die die Arbeiter ihre Pistenraupen formierten und nach dem Muster eines traditionellen Volkstanzes in Gang setzten. Diesen Blick auf oft zu beobachtende Handlungen aus neuer, erhellender Perspektive sollte man sich geben.

Die Natur fordert uns
Die Natur fordert uns

Eröffnung am 1. Oktober, 19 Uhr, im BTV-Stadtforum Innsbruck, zu sehen bis 25. Jänner. Konzerte am 3. und 4. Oktober, jeweils 19 Uhr: www.innsitu.at

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