Gerald Matt

Kommentar

Gerald Matt

Geld stinkt doch

Kultur / 28.10.2019 • 15:59 Uhr / 4 Minuten Lesezeit

Museen sind immer mehr auf Sponsoren und private Zuwendungen angewiesen, nicht nur traditionell in den USA, aufgrund zunehmend restriktiver öffentlicher Budgets auch in Europa. Die Kulturpolitik sieht die Fähigkeit der Kultureinrichtungen private Gelder aufzutreiben auch als Erfolgskriterium für ihre Direktoren an. Fördervereine, Sponsorendinner und Charities haben nach wie vor Konjunktur. Niemand fragt sich aber, wo denn das Geld der großzügigen Spender herkommt. Man vertraut auf den altrömischen Satz: „Pecunia non olet“ (Geld stinkt nicht). Doch nun macht die Political Correctness Debatte auch vor der Herkunft des privaten Geldsegens nicht mehr Halt. Im Fokus der von den USA ausgehenden Kritik stehen Staaten wie Saudi-Arabien oder auch private Kunstfreunde und Gönner wie die Sacklerfamilie.

Saudi-Arabiens Führung wird verantwortlich gemacht, die Ermordung des regimekritischen Journalisten Jamal Khashoggi, den sie zur Ausstellung von Hochzeitspapieren in ihr Konsulat in Istanbul lockte, befohlen zu haben. Ebenso bombardiert Saudi-Arabien rücksichtslos in einem blutigen Konflikt mit den Hutus im Jemen Mütter und Kinder. Und Saudi-Arabiens Misk Foundation war großzügiger Sponsor des Metropolitan Museums.

Wer das Metropolitan Museum besucht, wird auch den Sackler-Flügel durchwandern, der nach der spendenfreudigen Milliardärsfamilie benannt wurde. Die Künstlerin Nan Goldin hat im vergangenen Jahr gegen das Met und nun auch gegen das Guggenheim demonstriert. Sie war abhängig vom opiathaltigen Schmerzmittel Oxycontin. Der Konzern „Purdue Pharma“, der das Schmerzmittel produziert und bedenkenlos den Markt flutete, gehört der Unternehmerfamilie Sackler. Das Präparat wird für die Opiatkrise in den USA mitverantwortlich gemacht. Inzwischen wurde in mehreren US-Bundesstaaten Klage gegen Familienmitglieder eingereicht, die mit Purdue in Verbindung stehen.

Auf dem Prüfstand stehen die moralische Integrität und künstlerische Glaubwürdigkeit öffentlicher Museen. Denn im Falle von Sponsoring kann Geld sehr wohl stinken.

Mauerten die Museen anfangs, ließ ihnen der von den Medien auf Künstler und Besucher überschwappende Protest keine Wahl mehr. Sie reagierten. Und voran ging der tüchtige österreichische Direktor des Metropolitan Museum Max Hollein. Er verkündete Ende 2018, dass das Met kein Geld mehr von einem Land wie Saudi-Arabien annehmen werde. Ebenso wird nun – wie das Guggenheim in New York, die Tate in London und das Jüdische Museum Berlin auch – das Metropolitan Museum, künftig auf Geld der Sacklers verzichten. Der Präsident des Metropolitan Museum, Daniel H. Weiss, sagte gegenüber der New York Times, dass es Zeit sei, Geschenke abzulehnen, die „nicht im öffentlichen Interesse und nicht im Interesse unserer Institution“ sind. Wer Österreich hier für eine Insel der Seligen hält, der irrt. Man denke nur an den neuen Großsponsor der Salzburger Festspiele Gazprom. Aber auch die Albertina musste sich die Frage nach der Herkunft des Batliner-Vermögens gefallen lassen.

Auf dem Prüfstand stehen die moralische Integrität und künstlerische Glaubwürdigkeit öffentlicher Museen. Denn im Falle von Sponsoring kann Geld sehr wohl stinken.

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