Mit einem Arsenal an Trompeten

Arpeggione präsentiert unter Robert Bokor ein weit gespanntes Programm mit zwei Topsolisten.
hohenems Zum Finale seiner 29. Saison trumpfte das Kammerorchester Arpeggione im Rittersaal nochmals kräftig auf, auch dank der Mithilfe zweier internationaler Topsolisten. Das diesmal nur aus Streichern bestehende Orchester war bei seinem Chefdirigenten Robert Bokor wie immer in besten Händen und bewies in seinem Programm „Klangbilder“ von Bach bis zu einer Erstaufführung enorme Flexibilität und Stilvielfalt.
Zunächst dominiert der aus dem benachbarten Weingarten stammende, weltweit gefragte Trompeter Reinhold Friedrich das Geschehen und zeigt mithilfe eines Arsenals von Trompeten, dass auch sein persönliches musikalisches Spektrum weit gespannt ist. Leider nur mit dem ersten Satz eines Bach-Solokonzertes setzt er den Anfang auf der Hoch-B-Trompete, ganz schön kräfteraubend mit seinen brillanten Tongirlanden in abenteuerlichen Höhen. Das Orchester bietet ihm dazu ein sattes, romantisch geprägtes Fundament. Irakli Gogibedaschwili weiß als langjähriger Kurator inzwischen, was er seinem Stammpublikum zumuten darf, und hat darum gleich nach Bach zwei Stücke der Moderne programmiert. Das erste ist ein „Concertino piccolo“ des heute durch seinen meditativen Zugang zur Musik verehrten estnischen Komponisten Arvo Pärt. In diesem Frühwerk, das sich auf Bach bezieht, pflegt er allerdings noch eine extrem kantige und dissonante Sprache.
Intensive Klangbilder
Geradezu kulinarisch nehmen sich dagegen die intensiven Klangbilder aus, die es in dem vor vier Jahren entstandenen Konzert für Trompete, Klavier und Orchester des aus Tadschikistan gebürtigen, heute in Israel lebenden Komponisten Benjamin Yusupov zu entdecken gibt, der der österreichischen Erstaufführung seines Werkes beiwohnt. Mit dem Ziel, einen neuen Stil israelischer Musik zu kreieren, greift er dabei vor allem auf jüdisch-ethnische Traditionen zurück und führt sie in speziell obertonreicher Streicherbehandlung zu Klangflächen von emotionaler Wirksamkeit. Reinhold Friedrich, dem das Werk gewidmet ist, setzt mit einem tradierten Antilopenhorn, mit Muezzinklängen und einem barocken Jubilus stark religiös bestimmte Höhepunkte, denen sich mit dem Ukrainer Konstantin Lifschitz der zweite Solist mit präpariert perkussiven Klaviertönen als Ausdruck der Hoffnungslosigkeit in den globalen Konflikten widersetzt. Die spannende Auseinandersetzung löst sich nach einem Aufschrei in einer bewegenden Friedensbitte: ein starkes Werk in einer intensiven, mitreißenden Version.
Robert Bokor demonstriert schließlich mit seinen auf ihn eingeschworenen Musikern die hohe Schule der Streicherkunst, mit der zart schimmernden Wiedergabe von Griegs „Elegischen Melodien“. Zum gefeierten Höhepunkt wird die grandiose Interpretation des Klavierkonzertes Nr. 2 f-Moll von Chopin mit dem Solisten Konstantin Lifschitz am Bösendorfer. Es ist reizvoll, dieses Werk einmal nicht mit großem Orchester, sondern in der zweiten, authentischen Fassung nur mit Streichern zu hören. Der mit aller Virtuosität ausgestattete Solist pflügt sich donnernd und mit sehr frei gestalteten Arabesken durch die komplexe Partitur. Nur das innige Larghetto legt er in seiner Begeisterung etwas zu vordergründig an, während Bokor das Orchester vorbildlich zurücknimmt. Erst bei der Zugabe, dem zarten Chopin-Nocturne, findet Lifschitz die nötige Zurückhaltung.
Matinee mit Vorstellung des Programms der 30. Arpeggione-Jubiläumssaison: 26. Jänner 2020, 11 Uhr, Palast Hohenems
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