Eine Autorin und ein Autor bitten zu Tisch

Porträt eines
jungen Kochs
Maylis de Kerangal, Suhrkamp, 94 Seiten
Schreiben ist jedenfalls viel besser, als sich in Koch-Event-Sendungen zu verbrauchen.
Romane Kochbücher zu schreiben ist für Literaten durchaus abwechslungsreich und sofern ihre Namen bekannt sind, eine lukrative Angelegenheit. Es sei ihnen vergönnt. Kulinarische Aspekte in Kriminalromane zu verarbeiten, macht nicht nur dem Leser Spaß. Martin Walker wird nicht der letzte Autor sein, der kulinarische Krimis schreibt, er hat zwei Kochbücher nachgereicht, eines wurde hier bereits besprochen. Nun kommt jedoch eine französische Autorin, Maylis de Kerangal, die macht glasklare, kulinarische Literatur. Die Unterhaltung nimmt ab und der Anspruch steigt. Ihr Roman heißt „Porträt eines jungen Kochs“. Es geht um Mauro, einen jungen Franzosen, der studiert, aber schon seit Kindheit einen Hang zum Kochen entwickelt hat. In kleinen literarischen Episoden reift der junge Mann heran, der während seines Studiums alle erdenklichen Möglichkeiten nutzt, um zu kochen. So tastet sich Mauro an das professionelle Kochen heran, bis er seine Leidenschaft nicht mehr in Frage stellt.
„Porträt eines jungen Kochs“ ist ein feinsinniger Text, eine äußerst behutsame Entwicklungsgeschichte, die den Stress und unschöne Szenen nicht ausspart, die sich in den Restaurant-Küchen abspielen, von unbezahlter Mehrarbeit bis zu physischer und psychischer Gewalt. Dabei bleibt die Autorin nüchtern, eher betrachtend und moralisiert eigentlich nicht. Sie lässt dem Gefühlsleben des Protagonisten bewusst wenig Platz, auch weil der junge Mann weiterkommen will und sich als Koch beweisen möchte. Dem gegenüber schildert sie seinen facettenreichen Beruf. Ein feiner, kleiner Entwicklungsroman, der zum Reflektieren einlädt.
Eine Delikatesse
Der nächste Autor nennt sich Akiz, sein Roman heißt „Der Hund“. Akiz ist ein deutscher Künstler, der eher als Drehbuchautor und Regisseur bekannt ist. „Der Hund“ hat einen drehbuchartigen Aufbau. Im richtigen Moment passiert immer etwas Unerwartetes und auch sonst scheint der Roman ein in Szenen konzipiertes Werk zu sein, das ist nichts Schlechtes, da so ein inhaltliches Weiterkommen garantiert ist. Der Hund ist ein junger Mann, der halb verhungert aus einem Loch gekrochen kam und plötzlich an einem Dönerstand in Berlin steht und sich einbringt. Mo, ein ausrangierter Koch, arbeitet dort. Bald stellt sich heraus, dass der Hund aus einer Intuition heraus, unglaublich verführerisch kocht und beginnt sein Umfeld zu verzaubern. Mo nimmt ihn auf und der Hund erobert auch das Nobelrestaurant El Cion. Doch der Erfolg hat seinen Preis. Der Roman erinnert vielleicht gewollt an „Das Parfum“ von Patrick Süskind. Ein ähnliches Ansinnen scheint dahinter zu stehen. Was bei Süskind der Duft ist, ist bei Aziz der Geschmack.
Das ist beeindruckend, sofern einem solche Themen liegen. Um das Thema aus dem Spannungsbereich auch noch in die Tiefe zu führen, wären aber wahrscheinlich 100 bis 200 Seiten mehr zu schreiben gewesen. So wäre auch die Struktur in den Hintergrund gerückt, aber dennoch, der Roman ist durchaus mehr wert als ein Menü, er ist eine Delikatesse à la carte.

Der Hund
Akiz, Hanser, 192 Seiten