Wo ein Zeichen für die Weltoffenheit gesetzt wird

Die Biennale in Rijeka wehrt sich gegen negative Epidemiefolgen, Gerald Matt kuratiert, die Vorarlberger Künstlerin Claudia Larcher ist vertreten.
Rijeka, Bregenz Den kroatischen Adria-Ort Rijeka hat es voll erwischt. Zuerst die enorme Vorbereitungsarbeit, deren es bedarf, um überhaupt in die engere Wahl für den Titel Kulturhauptstadt Europas zu kommen, dann laute Nebengeräusche in Form von Kritik am Programm als sich die EU-Jury für die Stadt in Kroatien entschieden hatte, und nun Covid19. Das heißt, dass die Veranstaltungen, auf die jahrelang hingearbeitet wurde, heuer mehr oder weniger abgesagt sind. Man hofft nur vage auf die zweite Jahreshälfte. Ein Projekt, das nur in loser Verbindung zur Kulturhauptstadt 2020 steht, hat sich pandemiebedingt zeitlich in Richtung Herbst verschoben, wird aber durchgezogen, nämlich die dritte Auflage der internationalen Kunstbiennale.
Gefahren aufzeigen
Deren Fokus ist aktuell, der Industrie und ihrem Zusammenbruch, den Apparaten der Macht, dem Tourismus und gesellschaftspolitischen Themen wie Feminismus und Solidarität will man sich widmen. Führend im internationalen Kuratorenteam, dem Branka Bencic, Christian Oxenius und Ksenija Orelj angehören, ist der aus Vorarlberg stammende Kunstexperte Gerald Matt tätig. Trotz aller Schwierigkeiten und Auflagen wolle man die Biennale realisieren, „denn wir müssen ein Zeichen gegen die negativen Folgen der Pandemie setzen“, sagt Matt im Gespräch mit den VN. In erster Linie gehe es darum, Weltoffenheit zu bekunden, die Gefahr der neuen Grenzziehungen aufzuzeigen und den Wert des internationalen Austausches zu betonen.
Verschiedene Austragungsorte
Die Rijeka-Biennale ist nicht auf einen Ort konzentriert, wie das bei der traditionsreichen Biennale von Venedig der Fall ist. Auch an Orten wie Pula, Labin oder Opatija, dessen Bauten noch von der ehemaligen österreichisch-ungarischen Sommerfrische Abbazia zeugen, werden Veranstaltungen stattfinden. Auf performative Elemente werde man weitgehend verzichten, aber es bleibt ja die Auseinandersetzung mit der bildenden Kunst, der Bildhauerei, mit Installationen und mit dem Film. Vieles werde im Freien stattfinden, die Veränderung der Landschaft durch den Tourismus oder die Architektur thematisieren. Arbeiten der Bregenzer Künstlerin Claudia Larcher seien prädestiniert dafür, betont Gerald Matt, sie wurde bereits eingeladen und auch der österreichische Filmemacher Nikolaus Geyrhalter, bekannt für kritische Arbeiten zur Umweltzerstörung, wird dabei sein. In Opatija wird jener Pavillon bespielt, der in der Monarchie für Kunst errichtet wurde.
Versagen der Kulturpolitik
Man werde Auflagen einzuhalten haben, die Besucherzahl jeweils begrenzen müssen, aber man ist aktiv. Über die Pandemie brauche man sich erst gar nicht zu ärgern, was Matt, den Kulturmanager und einstigen Leiter der Kunsthalle Wien, ärgert, ist das Versagen der Kulturpolitik, das sich in Österreich nun zeige. Was fehlt, seien Richtlinien zur Wiederöffnung der Museen. Kulturpolitiker könnten sich nicht einfach zurückziehen, sondern hätten sich als vehemente Förderer der Künstler zu zeigen. Museen, die sehr erfolgreich waren, seien nun besonders betroffen. Es bedürfe einer differenzierten Betrachtung. Museen, die sich zu einem bedeutenden Teil über Besuchereinnahmen finanzieren, müssten nun eigens mit Fördersummen unterstützt werden, dort, wo die Fixkosten über die Basisabgeltung gedeckt sind, sehe es anders aus. Auf Kurzarbeit zu setzen, sei in Häusern, in denen die Gehälter mit der Basisabgeltung finanziert sind, „unsolidarisch und problematisch“. Ein derartiges Modell entziehe den anderen die Mittel. Zudem gelte es zu bedenken, dass jene Mitarbeiter und Kuratoren, die nur per Werkvertrag an die Häuser gebunden sind, aber den Betrieb genauso aufrechterhalten, nun nicht abgesichert sind. Matt: „Da müsste die Kulturpolitik schon längst tätig werden.“
Wenn die Infrastruktur wegbricht, ist es vorbei mit dem Kunststandort und dann ist der Schaden noch viel größer.
Gerald Matt, Ausstellungskurator
Dass die Museen nur zögerlich öffnen, obwohl sie es demnächst dürften, erachtet Gerald Matt als fragwürdig. Den Tourismus, wie wir ihn kennen, werde es noch mehrere Monate nicht geben. „Wenn die Menschen vor Ort Schwellenangst zeigen, dann muss man sich eben fragen, wie man den Museums- und Kunsthallenbesuch attraktiv machen kann.“ Und wenn es internationale Leihgaben nicht gibt, dann müsse man sich eben auf die Stärken der eigenen Sammlung besinnen, auf die lokale Kunst, ohne, dass dies provinziell wird. „Da sehe ich große Chancen, einiges wiederzuentdecken.“ Matt wird noch deutlicher: Wenn ein Kulturpolitiker in der jetzigen Situation vom Sparen spricht, dann sei er fehl am Platz, er habe an Defizitfinanzierung zu denken, wenn Kunstinstitutionen bzw. die Infrastruktur wegbrechen, sei es vorbei mit den Kunststandort. Und dann sei der Schaden noch viel größer.
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