Ein Rücktritt, der Missstände verdeutlicht

Ulrike Lunacek geht, Oppositon fordert Ressort-Neuaufstellung.
Wien So überraschend sie auf der Bühne der Kultur erschienen war, so schnell ist sie nun wieder von ihr abgetreten: Staatssekretärin Ulrike Lunacek ist das erste Mitglied der Kurz/Kogler-Regierung, das nach immer stärkerer Kritik das Handtuch geworfen hat. Dabei wurde sie weniger ein Opfer der Coronakrise als ihrer mangelnden fachlichen Expertise. 1999 gelang ihr der Sprung in den Nationalrat, dem sie bis zum Wechsel ins Europaparlament im Jahr 2009 angehörte. Dort brachte sie es bis zur Vizepräsidentin. Dafür gab es 2017, als sie unter widrigsten Bedingungen als Spitzenkandidatin für die Nationalratswahl einsprang, den Rauswurf der Grünen. Umso überraschender war ihre Rückkehr auf das nationale politische Parkett. Parteichef Werner Kogler holte als auch für Kunst- und Kultur zuständiger Vizekanzler Ulrike Lunacek an seine Seite und befremdete damit große Teile der Szene. Sie versuchte, eine kulturpolitische Agenda mit sozialer und grüner Komponente zu betonen und nannte Fairplay sowie Einbeziehung von klimaschonenden Aspekten in Bau- und Renovierungsvorhaben im Kulturbereich als Anliegen. Und dann kam Corona. Der gesamte Kunst- und Kulturbereich wurde von einem Tag auf den anderen heruntergefahren, und je länger der Lockdown dauerte, desto größer wurde das Gefühl der Kulturschaffenden, mit ihren existenziellen Nöten alleingelassen zu werden. Andere Branchen hatten ihre Lobbys, die auf umfangreiche Hilfspakete und rasche Maßnahmen drängten, die Kultur hatte jemanden, der sich erst informieren musste, ja nicht einmal das Gespräch zu suchen schien.
Konkrete Maßnahmen
Die Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) hat befunden, dass der Rücktritt „grundsätzliche Strukturprobleme im Bereich Kunst und Kultur“ zeige: „In der derzeitigen Situation braucht es eine klare Politik und ganz konkrete Maßnahmen. Dazu gehört ein valider Rettungsschirm für den Bereich Kunst und Kultur sowie die Erhöhung des Anteils des Kulturbudgets am Gesamthaushalt von 0,6 auf 1 Prozent“. Die SPÖ forderte ebenso wie die Neos eine rasche Neuaufstellung des Ressorts, die FPÖ schlug einen Verzicht auf das Staatssekretariat vor. SPÖ-Kultursprecher Thomas Drozda: „Das ist ein verständlicher Schritt und eine persönliche Entscheidung Ulrike Lunaceks, die aber nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass Lunacek mit ihrem Rückzug eigentlich die Verantwortung für das kulturpolitische Scheitern von ÖVP-Kanzler Kurz und Kulturminister Kogler übernimmt.“