Schubertiade fällt aus, Nachbauer spricht von „vorsintflutlichem“ Agieren der Regierung

Schubertiade-Chef Gerd Nachbauer muss fast alles absagen und kritisiert die Informationspolitik der Bundesregierung.
Hohenems, Schwarzenberg Die Covid19-Pandemie hat uns alle in eine absolute Extremsituation gebracht, das steht außer Frage, wie die Politik damit umgeht, sei aber ein unhaltbarer Zustand, erklärt Gerd Nachbauer, Geschäftsführer der Schubertiade, im Gespräch mit den VN. Er muss nun auch den zweiten Teil des Festivals in Schwarzenberg sowie einen Teil der Konzerte in Hohenems aufgrund der neuen Auflagen absagen. Es handelt sich dabei um etwa 30.000 Tickets, die bereits verkauft wurden und nun abzugelten sind. Was ihm zusätzlich zu schaffen macht, ist die mangelnde Information. In Zeiten moderner Kommunikationsmittel ist für ihn das Verhalten der Zuständigen in den Ministerien nicht nachvollziehbar: „Die haben alle unsere Adressen, agieren aber vorsintflutlich.“ Laufende Anfragen, wann denn mit welchen Informationen für die Veranstalter zu rechnen sei, wurden, wie Nachbauer aufgrund des E-Mail-Verkehrs mit dem Ministerium und dem Kulturstaatssekretariat belegen kann, entweder nicht oder nur mit Vertröstungsfloskeln beantwortet.
„Der Eilzug in den Konkurs“
Dass es am vergangenen Freitag dann doch noch kurzfristig eine Pressekonferenz von Vizekanzler Kogler und Gesundheitsminister Anschober gab, habe er gerade noch gerüchteweise erfahren: Aus Seitenbemerkungen der Politiker müsse er als Veranstalter nun schicksalhafte Entscheidungen ableiten. „Da wird fahrlässig mit Vermögen umgegangen.“ Die Auflagen für August seien vonseiten der Regierung noch nicht konkret kommuniziert worden, dass 500 Besucher in einem Raum gestattet sind, nützt ihm aber nichts, wenn der Mindestabstand von einem Meter zwischen den Sitzen immer noch gilt. Liederabende und Konzerte im Angelika-Kauffmann-Saal in Schwarzenberg sind für Nachbauer, der als Veranstalter ohne Subventionen arbeitet, vor der Hälfte oder noch weniger der Besucher, die bei komfortabler Normalbestuhlung Platz haben, nicht finanzierbar: „Das wäre der Eilzug in den Konkurs.“
„Wir müssen schicksalhafte Entscheidungen aus Seitenbemerkungen von Politikern ableiten.“
Gerd Nachbauer, Geschäftsführer der Schubertiade
Wie berichtet, hat Gerd Nachbauer seine Besucher noch am Freitagabend per E-Mail verständigt, dass nach dem Juni-Teil auch der August-Teil in Schwarzenberg entfällt. Zusammen sind das die erwähnten rund 30.000 bereits gebuchten Tickets, die in irgendeiner Form abzulösen sind. Er wisse auch gar nicht, wie das sonst gehen soll, konstruiert er ein Szenario abseits der nicht gegebenen Wirtschaftlichkeit von Konzerten im halbleeren Saal: Die Grenzen seien bis dahin offen, auch die vielen Musikfreunde aus Deutschland könnten kommen, aber „soll ich jetzt von einer Lottofee die Namen jener Ticketbesitzer ziehen lassen, die letztendlich auch in den Saal dürfen?“.
Nur noch wenige Konzerte möglich
Offen hält sich Gerd Nachbauer noch die Entscheidung für wenige Konzerte, die Anfang Juli im kleineren Markus-Sittikus-Saal in Hohenems geplant sind. Aber auch dort ist die Nachfrage zum Teil so groß, dass er einzelne Künstler – etwa die beiden Vorarlberger Kian Soltani und Aaron Pilsan – drei Mal hintereinander auftreten lassen müsste. Einzelne Konzerte in den Herbst zu verschieben, sei mittlerweile angesichts der Informationspolitik der Regierung und der damit verbundenen unklaren Situation keine Option mehr. „Da besteht die Gefahr, dass wir zusätzliches Geld vernichten.“ Man dürfe auch nicht vergessen, dass er trotz des völligen Einnahmenentgangs seine Mitarbeiter zu bezahlen habe. Er könne zwar das Kurzarbeitsmodell in Anspruch nehmen, für einen Teil seiner Dienstnehmer sei aber durchaus viel zu tun, denn die Ticketbesitzer seien zu betreuen. Die im Jahr 1976 gegründete und bislang ohne Unterbrechung durchgeführte Schubertiade zählt nicht nur zu den weltweiten Topadressen für Liedgesang und Kammermusik, das Publikum schätzt auch den Service. Rund 16.000 Schubertiade-Gäste bleiben übrigens länger als einen Tag allein im Bregenzerwald. Sie werden heuer fehlen.