In Schruns flog ein Porsche durch die Luft

Kultur / 20.06.2020 • 08:00 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
In Schruns flog ein Porsche durch die Luft
Zum Auftakt der Sommerausstellung im Kunstforum Montafon wurde Gottfried Bechtolds Betonporsche auf dem Schrunser Kirchplatz aufgestellt. VN/SAMS

Sommerausstellung im Kunstforum Montafon setzt auf künstlerischen “individualverkehr(t)”.

SCHRUNS Abrupter kann man Geschwindigkeit nicht abbremsen und es gibt wohl kein bezeichnenderes Bild für die zum Stillstand gekommene Bewegung als den in Beton gegossenen Porsche 911 des Vorarlberger Künstlers Gottfried Bechtold. Ein Exemplar aus der Serie der “Elf Elf”, dessen Abdeckplane die Immobilität des Sportwagens noch erhöht, wurde gestern Nachmittag zum Auftakt der Sommerausstellung im Kunstforum Montafon auf dem Schrunser Kirchplatz aufgestellt.  Die 17 Tonnen Beton illustrieren das Motto der Schau “individualverkehr(t)” nicht nur perfekt, sie greifen auch ein Thema auf, das nicht nur, aber besonders im verkehrsgeplagten Montafon längst zum Reizthema geworden ist, besonders vor dem Hintergrund des in der Talschaft stark polarisierenden Jahrhundertprojekts einer Bahnverlängerung als Tram-Train-Version. Grund genug für den künstlerischen Leiter des Kunstforum Montafon, Roland Haas, das Dilemma zwischen individuellem und öffentlichem Verkehr, zwischen Mobilität, als dem Wunsch jederzeit überallhin zu gelangen, und steigender Verkehrsbelastung, deren wir längst überdrüssig geworden sind, künstlerisch zu vertiefen.

Kamikaze-Fahrt

Neben dem Betonporsche als Teaser im öffentlichen Raum sind in der ehemaligen Lodenfabrik im Kunstforum Montafon in einer äußerst stimmigen Mischung aus älteren und aktuellen Werken weitere Arbeiten von Gottfried Bechtold, Siegrun Appelt, Cäcilia Brown, Clemens Fürtler, Rainer Ganahl, Moni K Huber, Anna Meyer und Walter Strobl zu sehen. Die aus Bludenz stammende, in Wien lebende Siegrun Appelt zeigt ein Video und analoge Fotos, die während einer Zugfahrt 1998 in Berlin entstanden sind. In vorbeiziehenden Bildern thematisiert die Fotografin und Medienkünstlerin Bewegung und Zeit, spielt mit Nähe und Distanz, Schärfe und Unschärfe. Schwindel und einen unmittelbaren Fluchtreflex löst das in der Enge der Blackbox gezeigte Video eines weiteren Vorarlberger Künstlers, Rainer Ganahl, aus. Der Film “Bicycling Damaskus” von 2004 zeigt eine wahnwitzige 90-Minuten-Kamikaze-Fahrrad-Fahrt gegen den Verkehrsstrom und die Einbahn. Nur fliegen wäre schöner, denkt man sich angesichts der beiden Gemälde von Gottfried Bechtold allerdings nur kurz. Auf alten, übermalten Landschaftsbildern aus Antiquariaten und vom Flohmarkt lässt er Flugzeuge zerschellen und abstürzen.

Gottried Bechtold packt an.
Gottried Bechtold packt an.

Göpfs Miniatur-Porsche findet sein Äquivalent in den Eisenbahnschienen aus Beton, die zusammen mit nostalgisch anmutenden Dias vom Eisenbahnbrückenbau Teil der Installation von Cäcilia Brown sind. Bereits abgefahren scheint auch der eigens für die Ausstellung produzierte “Train of Hope” der Schweizer Künstlerin Anna Meyer – ein trashiges Objekt, das sowohl Corona- als auch Klimakrise auf die Schiene bringt. Auto- und Zugfahren sind auch das Thema der aus Salzburg stammenden Malerin Moni K Huber. In ihren überarbeiteten Fotos von Parkplätzen der argentinischen Stadt Mendoza herrscht ebenso Stillstand wie im jüngsten Gemälde einer Straßenbahn-Remise in Sarajewo. Platz zum Fahren gäbe es schon auf dem Bild “Richtungen” des Tirolers Walter Strobl – wäre da nicht ein Wald aus Schildern, Stopp-Tafeln und Einbahnen. Mit Modellautos befahrbar ist dagegen die fast bis zur Decke reichende Skulptur aus Modellautobahnschienen und Lichtern. Sie dient dem Maler Clemens Fürtler, wie ihr Titel bereits andeutet, als “Bildmaschine”, die Mittel zum Zweck ist um die daraus Gemälde, als Abstraktionen, zu generieren. Ariane Grabher

Die Ausstellung ist im Kunstforum Montafon, Kronengasse 6, Schruns, bis 9. August geöffnet, Di bis Fr und So von 16 bis 18 Uhr.

Moni K Huber
Moni K Huber
Anna Meyer
Anna Meyer
Gottfried Bechtold
Gottfried Bechtold