Ungestüm, aber nicht unbeschwert

Theater Kosmos bringt mit „Live or let die?“ eine begeisternd junge Produktion auf die Bühne.
Bregenz Auf der Bühne tragen Schauspielerinnen zuweilen jene Eselsmasken, die Klassikervertraute mit Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“ in Verbindung bringen, im Zuschauerraum bleiben die Menschen vereinzelt auch während der Aufführung maskiert. Dass ohne Mundnasenschutz sowieso nichts mehr geht, daran hat man sich längst gewöhnt. Disizipliniert achten Theater- und Musikfreunde auf viel Abstand und wenig Aerosole, die wiedergewonnene Möglichkeit, gemeinsam Illusionsräume zu schaffen, will man sich nicht wieder nehmen lassen, erst recht nicht, wenn Mitgliedern der Landesregierung bei der aktuellen Verkündigung von neuen Anti-Corona-Auflagen für Veranstalter erst gar nicht einfällt, dass es in Vorarlberg auch Kultureinrichtungen gibt. Gleich nach dem Zweiten Weltkrieg wurden beispielsweise die Bregenzer Festspiele und ein Landestheater gegründet, seit bald 25 Jahren gibt es das Theater Kosmos. Schon vergessen?

Die humanistische Bildung, die jenem jungen Ensemble zuteil wurde, dem die Kosmos-Leiter Hubert Dragaschnig und Augustin Jagg nun ihr Podium überließen, war jedenfalls nicht umsonst. Die Schauspielerinnen Magdalena Mair und Jeanne-Marie Bertram sowie Autor und Regisseur Simon Dworaczek dürften von der Antike bis zur Gegenwart begierig alles aufgesogen haben. Von Text zu Text – hier auch von Shakespeare, Goethe, Brecht bis Rilke oder Blom – zu mäandern geht nicht immer gut. Hier klappt es. Ausstatterin Hanna Schmaderer hat ein Möbelstück als einziges Bühnenelement gebaut, das rasche Schauplatzwechsel ermöglicht und kindliches Puppenspiel und großes Drama ineinander verzahnt. Jörg Reissner liefert den tollen Sound zu dieser rasant gestellten Frage nach dem richtigen Leben, die durch die mitreißende Ungestümtheit von Mair und Bertram gerade so viel Fahrt aufnimmt, dass der bloße Alltag von Adoleszierenden nicht zur Banalität verkommt und Philosophisches nicht zu vertrackt wirkt. „Live or let die?“ ist ein Konglomerat, aus dem sich das Publikum je nach Alter wohl Verschiedenes herausfiltert. Das ist gut so.
Weitere Aufführungen des Stücks vom 26. September bis 17. Oktober, jeweils 20 Uhr, im Theater Kosmos in Bregenz, shed8: www.theaterkosmos.at