Theoderich tanzt in der Johanniterkirche

Installation „Standbild“ von Oliver Laric als Kooperation von Kunsthaus Bregenz und Johanniterkirche Feldkirch.
FELDKIRCH 40 Bronzefiguren hat sich Kaiser Maximilian (1459-1519) einst für sein Grabdenkmal gewünscht. 28 sind es schließlich geworden, von den besten Künstlern ihrer Zeit gefertigt, die das Grabmal des Kaisers in der Innsbrucker Hofkirche flankieren. Die umgangssprachlich als „Schwarzmander“ (darunter auch Frauen) bezeichneten Plastiken stellen sowohl tatsächliche Vorfahren und Familienmitglieder des Habsburgers als auch ideelle Ahnen dar. Einer jener Ahnen ist der legendäre Ostgotenkönig Theoderich, ein Bronzeguss von Peter Vischer d.Ä. nach einem Entwurf von Albrecht Dürer. Auf dieses Original von 1513, einen Kunstschatz aus seiner Heimatstadt, greift der gebürtige Innsbrucker Oliver Laric auf seine ganz besondere Art zu. „Standbild“, so der Titel der modifizierten, leicht überlebensgroßen 3-D-gedruckten Skulptur wird in einer Kooperation zwischen dem Kunsthaus Bregenz und der Johanniterkirche in Feldkirch nun erstmals und wie das Original in einem sakralen Raum präsentiert. Die Schau lässt im Jubiläumsjahr der seit 1995 als Ausstellungsraum genutzten Kirche auch die von 2003 bis 2006 erfolgreich praktizierte, mit der jetzigen Präsentation gerade eine Handvoll Ausstellungen (Anish Kapoor, Jenny Holzer, Janet Cardiff & George Bures Miller, Michael Craig-Martin) umfassende Zusammenarbeit zwischen KUB und Kirche erneut aufleben.
Druckdaten zum Gratis-Download
„Standbild“ fügt sich in ein größeres, 2012 gestartetes Projekt von Oliver Laric. Fasziniert von Glyptotheken und Sammlungen von Gipsabgüssen hat der Künstler, der mehr Konzeptkünstler denn Bildhauer im klassischen Sinn ist, begonnen, die Druckdaten von Skulpturen auf seiner Website threedscans.com zum kostenlosen und rechtfreien Download bereitzustellen. Über 100 Skulpturen sind es mittlerweile, von einem Sphinx aus dem Belvedere Schlossgarten über eine Büste Einsteins, antike Plastiken sowie Tiere bis hin zum Fuß der Wiener Ballerina Fanny Elßler, die auch rege heruntergeladen werden. Mit seinem gesellschaftspolitischen, ja fast demokratischen Bestreben, Museumsobjekte als Datenpakete über alle sozialen, geografischen und kulturellen Grenzen in einer zunehmend digitalen und von technischen Entwicklungen überrollten Welt zugänglich zu machen, berührt Laric vielschichtige Fragen nach Urheberschaft und Nutzungsrechten, nach Kopie und Original. Die Leichtigkeit und Wandelbarkeit mit der er Digitales in mehreren Schritten überformt und als Analoges in fließenden Übergängen im dann doch wieder realen, physischen Raum zusammenbringt, zeichnet den Künstler in hohem Maße aus.
Tänzerische Pose
Und da steht sie nun, die Figur des Theoderichs, schimmernd und irisierend, strahlend hell, inmitten der Johanniterkirche. In seiner Version der Bronzestatue hat Oliver Laric den Gotenkönig seines Schildes, seines Schwerts, seiner Axt und auch seines Schnauzbartes beraubt, sodass der Herrscher ohne Attribute in den Händen nunmehr in fast tänzerischer, leicht manierierter Pose auf seinem tischartigen Podest steht. Stilistisch fügt er sich ins neugotische Ambiente, der Transfer in den Kirchenraum fällt nicht so krass aus, wie es in einem white cube der Fall wäre, und doch wirkt das „Standbild“ wie ein totaler Fremdkörper, wie ein Ding aus einer anderen Welt. Das hat auch und vor allem mit der Materialität zu tun, die Laric in verschiedenen Oberflächen (perlmuttschimmernd, perforiert, betonartig) vorführt. Aller scheinbaren Unterschiedlichkeit zum Trotz ist und bleibt es jedoch Kunststoff, aus dem die Figur, deutlich sichtbar in mehreren Segmenten, gebaut wurde. Keine edle Bronze, nicht aus einem Guss, sondern – salopp formuliert – eine Plastik-Plastik, wie sie besser nicht in unsere Zeit passen könnte. Ariane Grabher
Eröffnung am 26. September, 17 bis 20 Uhr in der Johanniterkirche, Marktgasse, Feldkirch. Bis 12. Dezember, Di bis Fr, 10 bis 12 und 15 bis 18 Uhr, Sa, 10 bis 14 Uhr.