Wie eine Theaterpremiere zum tollen Konzert wurde

Kultur / 04.10.2020 • 22:00 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Die Mezzosopranistin Isabel Pfefferkorn (r.) mit Susanne Zamora und Andreas Jähnert. <span class="copyright">Pfefferkorn</span>
Die Mezzosopranistin Isabel Pfefferkorn (r.) mit Susanne Zamora und Andreas Jähnert. Pfefferkorn

Musik-Theater-Kunst-Projekt führt zum Fazit: Raus aus den Federn.

Feldkirch Am Ende gab es viel Jubel und Beifall und schließlich mit Adeles „Skyfall“ noch eine Zugabe. Damit haben auch die Ausführenden selbst bestätigt, was sich im Lauf der Aufführung mit Titel „Vollendet“ am Samstagabend im Alten Hallenbad in Feldkirch ohnehin herauskristallisierte, dass nämlich die Musik neben dem Text, dem Schauspiel und der bildenden Kunst bei dieser Produktion unangefochten im Vordergrund steht. Die Gleichwertigkeit der Kunstgattungen repräsentieren zu wollen, diese in einem Gespräch mit den VN im Vorfeld von Schauspieler, Autor und Regisseur Andreas Jähnert eigens mit  Nachdruck betonte Absicht, verliert sich zusehends. Vielleicht war es auch nur eine kleine Provokation des Theatermachers. Die Zweifel daran, weil so etwas wohl kaum möglich ist, haben sich jedenfalls bestätigt.

An sich ist das aber auch völlig egal.  Vielleicht ist auch der Name des neuen Ensembles nicht einer leichten Insolenz, sondern nur den Werbemaßnahmen zuzuordnen, „Vierfaltigkeit“ nennt Jähnert, der auch mit dem „Theater der Sprachfehler“ auftritt, sein jetziges Team. Wie auch immer, sich Gehör zu verschaffen und dann auch noch etwas Qualitätsvolles anzubieten, das ist auf jeden Fall gut. Angesichts der Tatsache, dass die Verantwortlichen in der Vorarlberger Landesregierung nun laut Pandemie-Verordnung die künstlerische Betätigung sowie die Anteilhabe an derselben undifferenziert der Kategorie Freizeitgestaltung zuordnen, bei der die Ansteckungsgefahr erhöht sei, ist Künstlern, die den Mut haben, neben all den Veranstaltungsabsagen einfach selbst eine Produktion im kleinen, noch möglichen Rahmen auf die Beine zu stellen, Aufmerksamkeit zu schenken.

Der Abend von Isabel Pfefferkorn

Das Alte Hallenbad war bei der Premiere jedenfalls ausverkauft und die Organisatoren mahnten erfolgreich das Maskentragen und verantwortungsvolles Abstandhalten an. (Wer vor dem Theaterbesuch noch ein paar Besorgungen machen musste, hatte festgestellt, dass das in den Einkaufszentren längst nicht mehr der Fall ist.) Dass man sich auf der Bühne in Distanz übte, ist auf das inhaltliche Konzept, dieses Musik-Theater-Malerei-Projektes zurückzuführen. Im zentralen Doppelbett, das – warum auch immer? – zuvor die mitwirkenden Cellisten als Liegestatt erprobt haben, läuft zwischen Mann und Frau nichts mehr. Zu sagen hat man sich auch nichts. Er bringt den wenig inspirierenden, eher vom Konsum bestimmten Alltag mit einer Aneinanderreihung von Begriffen wie einkaufen, aufkaufen, zukaufen, ausfahren, durchfahren etc. zum Ausdruck, der in einer Art wehmütigen Abgesang endet.

Sie singt, und zwar so, dass relativ rasch feststeht, dass es der Abend der jungen Vorarlberger Mezzosopranistin Isabel Pfefferkorn und ihrer vier Cellisten ist. Verzeihung, der Regie ist auf dieser Bühnenschräge nichts abzugewinnen, die Malerei von Susanne Zamora nimmt sich ansprechend dekorativ aus und entspricht der einen oder anderen Naturstimmung und die Texte wie auch die Liedtexte geraten sowieso in den Hintergrund. Interessant war eher das Lichtdesign, das dafür sorgte, dass sich das Publikum in der ersten halben Stunde in einem Schwarz-Weiß-Film wähnte. Hat sich irgendjemand für den Inhalt von Adeles „Skyfall“, Stings „Fragile“ oder Purcells „The Cold Song“ interessiert? Auf der Bühne jedenfalls nicht. Vielleicht ist es vielen begeisterten Zuhörern auch ähnlich ergangen wie der Rezensentin, die zum Schluss kam, dass die junge Frau dem leidenschaftslosen Typen an ihrer Seite nicht nachzusinnen braucht, weil sie mit dieser Stimme sowieso ihren Weg machen wird. Sie ist so vielseitig, dass die Gefahr gebannt wurde, dass das Spiel der engagierten Cellisten Payam Taghadossi, Anton Spronk, Zoltán Despond und Paul Handschke  aufgrund der Konstellation zu eintönig werden könnte. Um nicht missverstanden zu werden: In den Bearbeitungen zeigen sich großartige Momente, die auch in der schwierigen Akustik im Alten Hallenbad zum Ausdruck kommen. Und Isabel Pfefferkorn: Die junge Vorarlbergerin hat vor einigen Monaten bereits mit einem Liederabend pur mit breitgefächertem Programm überzeugt.  Da ist ungemein viel Potenzial vorhanden, das Mezzorepertoire der E-Musik wäre auch riesig genug für das hörbar große Können, das berührte und zu dem sich auch eine einnehmende Bühnenpräsenz gesellte.  Also, raus aus den Federn, könnte es in Anbetracht der „Vollendet“-Szenerie im Alten Hallenbad heißen.

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