Bregenzer Künstler inszenierten in Berlin

Uraufführung von “beach house”, inszeniert von Philipp Preuss in der Ausstattung von Ramallah Aubrecht, im Deutschen Theater.
Berlin, Bregenz Beim Schlussbild sind alle Darsteller verschwunden. Das Beach House leuchtet bunt. Ein Traum. Dann wird es laut, ohrenbetäubend, die Farbe verschwindet, fast nur noch weißes Licht, Blitze. Chaos, Dunkelheit, so dunkel wie es heutzutage in einem Theater dieser Größe werden kann. Es braucht einen Moment, bis der Schlussapplaus einsetzt. Regie führte der 1974 in Bregenz geborene Philipp Preuss, für Bühnenbild und Kostüm ist Ramallah Aubrecht, 1975 ebenfalls in Bregenz geboren, verantwortlich.
Auf die Drehbühne, ein Metallgerüst mit Neonröhren, die unterschiedliche Räume, Signale, Quadrate, Dreiecke, Zeichen ermöglichen, schleppt sich eine scheinbar ältere Frau, Frau Schmetterling, die rheumakranke Mutter der Zwillinge Taylor und Ronny. Ronny hat auf dem Rummel das große Los gezogen, den Hauptgewinn, den Jackpot: vier Wochen in dem wunderschönen Beach House, dort, wo die Sonne immer scheint, Florida, Palmen, die , „üüüp üüüp“, Hollywoodschaukel. Aber der Traum ist hart erkauft von einem „Spender“, der sich von Ronny seine sexuellen Träume erfüllen ließ.
Begegnung ohne Berührung
Überhaupt scheint dieser Traum, das Beach House, immer wieder seine eigenen Bedingungen zu stellen. Man fragt sich, ob die beiden mit ihrer Mutter überhaupt in der Lage sind, diesen Traum anzugehen, sie scheitern u. a. schon beim Kofferpacken. Schlussendlich kommen nicht einmal die Tickets an, die Postbotin kommt nicht.
Keine Berührung auf der Bühne, der Höhepunkt von Gemeinsamkeiten sind parallele Bewegungen der Zwillinge. Ronny möchte Taylor Flecken im Gesicht, die an Pest erinnern, wegwischen, sie schreit: „Fass mich nicht an.“ Kurz vorher hat die bisher glatzköpfige Taylor, was wiederum Krebs assoziiert, ihre Glatze beseitigt, wenn man so will, wird Cholera durch Pest ersetzt. Taylor, störrisch, aufstampfend, wird gespielt von Julia Preuß, Ronny, auffällig seine bei speziellem Licht durchsichtigen Hosen, von Felix Axel Preißler.
Im Sound von Alexander Nemitz hört man immer wieder vermeintlich die ohrenbetäubenden Schreie von Kapuzineräffchen. In einer Versuchsanordnung sehnen sie sich nach einer Isolation mehr nach einer Umarmung als nach dem leckersten Buffet. Diese Geschichte erzählt Fernando, gespielt von Tilo Krügel. In seiner schnoddrigen Art hebt er das Ganze auf eine andere Ebene. Die Mutter, gespielt von Anna Keil, schauspielerisch hervorragend in ihrer körperlichen Fähigkeit und Präsenz, träumt unbeirrt von ihrer revolutionären Vergangenheit mit ihrem Revoluzzerfreund Fernando und lässt sich auch von dem ewigen Einwurf ihres Sohnes „Das ist ein Abba-Song“ nicht von ihrer Geschichte abbringen. Gegen Ende kommt sie gelb als quasi Postbotin schwebend auf die Bühne, hat dann aber ihren Text vergessen und versucht in Permanenz „Ich komme noch mal“ mit guter Laune die Lage zu retten.

Ohne das Wort Corona benutzen zu wollen, hat sich die Regie dazu einiges einfallen lassen, denn auch das ist im Stück Thema. Begegnung ohne Berührung herzustellen, neben der schon erwähnten parallelen Bewegung der Einsatz von Kameras, Bildübertragungen, usw. Auch die Sprachführung ist gelungen. Ein Besuch der Aufführung von “beach house” von Dorian Brunz in Leipzig, dessen Ensemble und Regisseur das Stück umgesetzt haben, ausdrücklich empfohlen.
Heinrich Rolfing
Die Produktion “beach house” kommt ab 15. Oktober in den Spielplan des Schauspiels Leipzig und bleibt dort eine Zeitlang im Programm: schauspiel-leipzig.de
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