Dankbarkeit und Demut eines Künstlers

Kultur / 22.10.2020 • 16:00 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Dankbarkeit und Demut eines Künstlers
Galerist Werner Marxx Bosch (l.) mit dem Künstler Christoph Lissy. AG


<strong>Neue Arbeiten von Christoph Lissy in der Galerie Villa Marxx in Lustenau.

LUSTENAU Als Dependance seiner Bregenzer K12 Galerie hat Künstler und Galerist Werner Marxx Bosch in Lustenau einen neuen Stützpunkt eröffnet. Die erste Ausstellung in der Galerie Villa Marxx, S11, einer original erhaltenen Jugendstilvilla, bestreitet der Vorarlberger Bildhauer Christoph Lissy. Unter dem Titel „Das Leben des Bildhauers Aristide Silberberg“ zeigt der in Hörbranz lebende und arbeitende Künstler neue Skulpturen und Arbeiten auf Papier mit zutiefst autobiografischem Bezug.

Arbeiten von Christoph Lissy. <span class="copyright">AG</span>
Arbeiten von Christoph Lissy. AG

Für Christoph Lissy gibt es ein Leben vor 2006 und eines, ein ungleich reicheres, danach. Im November 2006 erlitt der Künstler eine massive, beinah tödliche Hirnblutung. Nach dieser Nahtoderfahrung war nichts mehr wie vorher und aus dem „misanthropischen Saulus“, so Lissy, der reichlich geraucht und getrunken hat und jeden Nachmittag von Panikattacken und Todesangst gepeinigt wurde, ist ein Paulus geworden. Er sei als Künstler, besonders als der Musiker, der er gerne geworden wäre und tief in seiner Seele ist, immer schon ein Gottsuchender gewesen, aber nie ein Gläubiger, erzählt Christoph Lissy. Nunmehr ein tief religiöser Mensch, kommt sein Glaube auch in den jüngeren Arbeiten vehement zum Ausdruck, sein Schaffen hat eine neue Wendung genommen. Die Beinahe-Katastrophe, der er knapp entronnen und das Wunder, dem er begegnet ist, hat er schon des Öfteren in Werke gefasst, auch schon in mächtige Skulpturen. So persönlich und berührend, so rigoros privat, dass es fast schmerzhaft ist, wie in dieser Ausstellung, hat man Christoph Lissy aber noch nie erlebt. Die maschinenartigen Skulpturen aus kühlem Stahl sind Madonnen und Objekten gewichen, die von einem barock anmutenden, opulenten roten Lüster überzogen sind: wie jener blattvergoldete Skelett-Fuß, dank eines eingeschlagenen Nagels eindeutig zuzuordnen, in einer rot gelüsterten Schale oder die ebenfalls mit rot schillerndem Farbüberzug gefasste Figur der Venus von Botticelli als Lissys Version der Hure Babylon, die sich mit der weißen Lilie als Marienblume schmückt. Die goldenen Früchte, Apfel und Birne, stehen für den Liebesmost, den Trank, der glückselig macht.

Metamorphosen und Zorn

Mit Metaphern und Symbolen konfrontieren auch die Arbeiten auf Papier, „Miniatures“ und „Nocturnes“ bezeichnet. Auf Noten- und Partiturblättern, die ebenso auf die Musik als Lebenselixier des Bildhauers, der ja eigentlich auf dem Weg zum Pianisten war, verweisen, wie das nachgebaute Original-Notenpult der Wiener Symphoniker, finden sich knöcherne Becken, Brustkörbe und Schädel, ebenso wie Abbildungen von gotischen Kathedralen, Nymphen oder das Auge Gottes. Die Farbe Weiß steht für den Tod und den Eintritt ins Licht, Raupen und Schmetterlinge verkörpern die Metamorphose, aus den „Sieben Zornesschalen“ ergießen sich Plagen über die Menschheit und die Erde. Es ist eine wahrhaft biblische Ausstellung, die Christoph Lissy hier zeigt, die nachdenklich stimmt und einem ein wenig von der Dankbarkeit und Demut des Künstlers bzw. seines Alter Egos Aristide Silberberg mit auf den Weg gibt. Ariane Grabher

Die Ausstellung ist in der Galerie Villa Marxx, S11, Schillerstraße 11, Lustenau, bis 31. Oktober geöffnet, Mi und Fr von 15 bis 17 Uhr, Sa von 9 bis 11 Uhr.

Zur Person

Bildhauer Christoph Lissy

Geboren: 1957 in Hörbranz

Ausbildung: Freie Kunstschule Stuttgart, Akademie der Bildenden Künste in Wien

Laufbahn: zahlreiche Ausstellungen, Kunstprojekte im öffentlichen Raum

Auszeichnungen: u. a. Meisterschulpreis für Bildhauerei, Würdigungspreis BMWF, Österr. Staatsstipendium für Bildende Kunst, Fördergabe Land Vorarlberg

Wohnort: Hörbranz

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