Christa Dietrich

Kommentar

Christa Dietrich

Museen sind die Orte des Abstandhaltens

Kultur / 02.11.2020 • 08:00 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Niemals zu nahe an Bilder und Skulpturen herantreten, Abstand zu den anderen Besuchern halten, nicht laut sprechen und nichts berühren – das haben wir gelernt und verinnerlicht, seit wir zum ersten Mal in ein Museum oder eine Kunsthalle geführt wurden. Die zeitgemäße Pädagogik hat interaktive Konzepte entworfen, die gut, aber nicht unabdingbar sind. Im Grunde genommen gilt, dass man sich in einem Museum am liebsten isoliert auf ein Werk einlässt. Am ehesten passiert das, wenn ein solches Werk die Reflexion fördert, also die Auseinandersetzung mit dem eigenen Denken und Handeln.

Lüftungstechnisch bestens ausgerüstet, mit Überwachungskameras und mit geschultem Aufsichtspersonal in nahezu jedem Raum wäre das Museum als Stätte des Nachdenkens somit gerade in Corona-Zeiten ein idealer Aufenthaltsort. Entgegen dem Entwurf zur neuen Pandemie-Schutzmaßnahmen-Verordnung sind Museen in Österreich nun aber zu.

Nachdem Theater- und Konzertsaal-Schließungen angesichts von weitgehenden Ausgangssperren nach 20 Uhr nachvollziehbar sind, trifft diese Begründung für Museen nicht zu. Auf die gelegentlichen Abendöffnungen lässt sich verzichten. Dass Besucherströme bestens reguliert und alles zur Einhaltung von Hygiene- und Präventionsmaßnahmen getan wurde, haben die letzten Wochen und Monate gezeigt. Wenn Museums- und auch Theaterleiter festhalten, dass sie sich in ihren kulturellen Einrichtungen sicherer fühlen als sonstwo, dann ist das keine leichtfertige Behauptung, sondern ein belegbarer Fakt.

Man könnte nun anführen, dass geöffnete Museen und Kunsthäuser neben der Ausübung des Berufs eine zusätzliche Motivation bieten, die Wohnung zu verlassen, was angeblich zu unterbinden ist. Die Rechnung dürfte sich aber nicht ausgehen. Nicht nur Geschäfte, die Waren des täglichen Bedarfs anbieten, bleiben geöffnet, weil ein Lockdown wie im Frühjahr die Wirtschaft noch mehr schädigt und damit weitere Arbeitsplätze gefährdet.

Die Infektionszahlen sind dringend zu senken, soziale Kontakte sind unbedingt einzuschränken. Dazu braucht es das intensive Mitwirken, den Respekt und die Vernunft aller. Kunststätten bieten zuweilen eine gute Vernunftschulung. Der Sommer, das heißt, schon die ersten Kulturveranstaltungen nach dem Frühjahrslockdown haben es gezeigt: Drinnen, in den Theater-, Konzert- und Festspielhäusern, walteten strenge Disziplin und Achtsamkeit, draußen ging oft schon wieder die Post ab. Viele haben es angemerkt, in manchem Künstlerinterview ist diese Diskrepanz dokumentiert. Was hat man dagegen unternommen?

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