Zwei Autoren, die Guten und die Bösen

Love & Bullets
Nick Kolakowski
Suhrkamp
423 Seiten
Bonnie und Clyde sind seit jeher ein eingespieltes Team.
Romane In Nick Kolakowskis Roman „Love & Bullets“ sind Bill und Fiona die zwei Garanten für eine unzertrennliche Beziehung. Kolakowski wechselte jedoch die Geschlechterrollen: Er ist das Sensibelchen und sie ist die Frau fürs Grobe. Die Story ist ziemlich einfach gestrickt: Bill schaut, dass genug Flieder da ist und Fiona räumt ihm die Unannehmlichkeiten aus dem Weg, beziehungsweise schaut, dass er überlebt. Mit neun Fingern, denn bereits bevor Elvis kam, ist Bill Teil einer Entführung und es wird ihm bereits sehr bildlich nach seinem Leben getrachtet, nichts also für seichte Gemüter. Bill bleibt tatsächlich hart, verrät nicht, wo er die Beute verscharrt hat. Schließlich wird er dann doch von einem Kumpel befreit, der im Elvis-Kostüm auftritt, um im Zeichen der Musik und Liebe den beiden fürs erste einmal den Weg freiräumt. Von Bundesstaat zu Bundesstaat schwingen sich Fiona und Bill, immer wieder mit Helfershelfern, bis zum scheinbar bitteren Ende.
American Dream
Mit einem Auge hat Nick Kolakowski auch auf das Publikum geschaut, und das Drama Bonnie und Clyde nicht ganz fertiggespielt, vielleicht auch, weil bis zum Ende des Romans Elvis über das Paar zu wachen scheint. Das ist lebensnah und diese Variante sollte zumindest für zukünftige Versuche im Auge behalten werden. Ansonsten ist ein bisschen viel American Dream enthalten, dementsprechend bunt sind auch die Bilder, manchmal auch um eine Nuance zu langatmig, aber das bleibt Geschmackssache und nach dieser US-Wahl ist eine Dosis Gegengift zu den Possen aus der US-Politik bittere Notwendigkeit.
Schweizer Glatteis
Alle Jahre wieder bringt der Schweizer Peter Stamm Geschichten zu Papier, die sprichwörtlich aus dem Leben gegriffen sind. Ist es die Fahrt in den Skiurlaub, die im Fiasko endet, die abenteuerliche Beziehung zweier Texter, ein Banküberfall als Möglichkeit der Anerkennung, die Frau, die sich Verletzungen zufügt, um verarztet zu werden, oder die Skulptur, die dem Modell einen Teil seiner Seele zu rauben scheint. Peter Stamm begleitet seine Protagonisten in seinem Kurzgeschichtenband „Wenn es dunkel wird“ ein gewichtiges Stück ihres Weges, auf dem Entscheidungen fallen, die sich schon lange aufgestaut haben. Stamm hat längst alle Tabuzonen hinter sich gelassen und versucht sich und seinem Publikum auch Situationen wie das Sterben zu erklären. Natürlich läuft er hier Gefahr, als naiv eingestuft zu werden, aber Kurzgeschichten haben auch den Vorteil, dass sie eben nicht lange in eine Richtung gehen und hier hat der Autor für Abwechslung gesorgt.
Zynisch gesagt könnte man denken, so glatt muss man schreiben, um in der Schweiz als Schriftsteller überleben zu können. Das klingt etwas überheblich, ist aber nicht so gemeint. Viel mehr mühen sich Stamms Protagonisten ab, immer wieder die Fassung zu behalten, obwohl sich um sie herum Abgründe auftun. Der Autor scheint sich aus den Geschichten herauszuhalten. Natürlich lenkt er sehr geschickt im Hintergrund, aber er zwingt dem Leser nicht seine Meinung auf. Dadurch bleibt er in gewisser Weise unantastbar.

Wenn es dunkel wird
Peter Stein
Fischer
191 Seiten
Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.