Film über Bregenzer „Katzenmann“ überzeugt weltweit

Christian Amann und seine Samtpfoten sind für den Europäischen Filmpreis nominiert.
Bregenz In 18 Minuten geht es hier um das, worauf es ankommt im Leben, um Liebe. Der Kurzfilm „Nachts sind alle Katzen grau“ geht unter die Haut und steckt voller Emotionen. Als Regisseur agierte der Widnauer Lasse Linder (26), der den Dokumentarfilm als Abschlussarbeit für sein Bachelorstudium an der Hochschule Luzern realisierte. Die Schweizer Produktion wurde nun für den Europäischen Filmpreis in der Kategorie Kurzfilm nominiert. Insgesamt treten 24 Kandidaten gegeneinander an, die im Rahmen von Filmfestivals ausgewählt wurden. Der 26-Jährige erhielt den Zuschlag aus Sarajevo. 3600 Mitglieder der Europäischen Film Akademie werden darüber entscheiden, wer bei der Preisverleihung am 10. Dezember das Rennen macht.
Die zarte Geschichte handelt von Christian Amann (49), der mit seinen schottischen Faltohrkatzen Katjuscha (4) und Marmelade (6) zusammenlebt. „Es geht um die Liebe zwischen meinen Familienmitgliedern und mir,“ erklärt der Hauptakteur. Der Bregenzer nimmt die Zuseher mit auf eine Reise in die Schweiz. Dort trifft Marmelade auf den Kater Hector zum Zweck der Fortpflanzung. Es folgt eine Ultraschalluntersuchung bei einer Tierärztin mit dem berührenden Ergebnis, dass Marmelade Nachwuchs erwartet. Jeder Moment, der von der Kamera eingefangen wurde, wirkt authentisch, nichts ist gestellt. „Es handelt sich um reale Alltagsituationen, als wäre die Kamera nicht da. Mein Verhalten habe ich nicht geändert und zeige meine echten Gefühle.“ Die Ruhe in Perfektion zeigen die beiden Fellnasen in jeder Szene. Auf seinen Schultern trägt er die pelzigen Familienmitglieder durch die Welt. Gemeinsam entspannen sie beim Après-Ski in Lech, unternehmen eine Schifffahrt auf dem Bodensee und zeigen, wie eng ihre Bindung ist. Die Zuseher erleben verschiedene Emotionen mit: Angst, Hoffnung und Glück. Die Grenze zwischen Erzählung und Dokumentation wird feinfühlig verwischt.

Die Filmarbeiten starteten am 3. März und fanden ihr Ende bei der Geburt der Katzenbabys am 4. Mai 2019. Innerhalb von 12 Drehtagen gelang es, 60 Stunden Material in den Kasten zu bringen. Das Kernteam bestand aus dem Regisseur Lasse Linder, Kameramann Robin Angst und dem Tonmeister Nicolas Büttiker. „Wir haben uns bewusst gegen die Einbeziehung von Smartphones und Telefonen entschieden, um diese Dinge, die in unserem Leben viel Platz einnehmen, nicht in den Vordergrund zu rücken. Die einzige Ausnahme bildet die Kommunikation mit der Sprachassistentin Alexa,“ sagt Amann und ergänzt: „Die Wertfreiheit spielt für uns eine große Rolle. Daher werden keine politischen und religiösen Themen aufgegriffen.“
Internationale Anerkennung
Die grauen Weggefährtinnen flimmerten bereits bei 102 Filmfestivals über die Leinwand. 2019 konnte sich „Nachts sind alle Katzen grau“ in Toronto in der Kategorie „Short Cuts Award for Best Short Film“ behaupten. Es folgten unter anderem Auszeichnungen in Amerika, Schweden, Polen und Italien. „Wir sind auf Augenhöhe mit kostenintensiven Produktionen aus Hollywood oder durch den Streaming-Dienst Netflix, die teilweise über Budgets in Millionenhöhe verfügen.“ In einem ersten Schritt konnte sich die Schweizer Produktion der Oscarverleihung im April 2021 annähern. Durch den Sieg in der Kategorie „Dokumentation“ beim Tampere Filmfestival hat der Streifen die Zulassung für den Academy Award erhalten. Ob die Katzenfamilie auf die „short-list“ kommt, wird sich nächsten Februar entscheiden, die effektiven Nominierungen erfolgen am 15. März 2021.
Längerer Streifen geplant
Online wurde die Dokumentation bereits rund eine halbe Million Mal abgerufen. Wer sich den Kurzfilm ansehen möchte, kann dies auf der Internetseite der New York Times unter dem Suchbegriff „I’m Not Alone. I Have My Cats“ (Link im Artikel) tun. Für nächstes Jahr haben Christian Amann und Regisseur Lasse Linder einen längeren Streifen in Planung. „Ob die Idee realisiert werden kann, hängt von vielen Faktoren ab. Wir hoffen, dass wir das Projekt umsetzen können.“ Miriam Sorko