Nichts zu tun ist sicher keine gute Lösung
Die Bühne Baden neuerdings mitgerechnet, gibt es in Österreich neun Bundesländerbühnen. Selbstverständlich ist das Vorarlberger Landestheater dabei, eine junge Bühne im Vergleich zum Haus in Salzburg oder zur Oper und dem Schauspielhaus Graz. Nicht zu verwechseln sind diese öffentlich mehr als nur gestützten Theater mit den privat geführten, ebenfalls wichtigen kleineren Mittelbühnen wie das Theater Kosmos in Bregenz oder das Theater Phönix in Linz. Kurzum: Bei den Bundesländerbühnen handelt es sich um die Säulen der darstellenden Kunst in den einzelnen Ländern. Sie sind gut verankert und brauchen sich um das Fließen der jährlichen Millionenbeträge im Allgemeinen keine Sorgen zu machen. Das ist gut so, sie tun etwas dafür, sind meist Mehrspartenhäuser, bieten einen breit gefächerten Spielplan, sorgen für geistige Auseinandersetzung, Bildung, Arbeitsplätze und nicht zuletzt auch für Einnahmen. Abgesehen davon sind sie für einen großen Teil der Österreicher jeweils leichter erreichbar als die in Wien situierten Bundestheater.
Das weite Ausholen quasi als Intro hat einen Grund, ihrem jüngsten Treffen ließen die Intendantinnen und Intendanten der Länderbühnen (die Quote steht vier zu fünf) nämlich eine Art offenen Brief folgen. Neben der schön ausformulierten Darlegung der Bedeutung des Theaters als „Orte des Austausches über unsere Lebensmodelle, Orte der Bildung und der Unterhaltung und insofern mehr als reine Freizeitbetriebe“, macht ein zentraler Absatz stutzig, das heißt, er empört: „Wir alle machen zum ersten Mal die Erfahrung, dass wir etwas für die Gesellschaft tun können, indem wir nichts tun“, heißt es da. Abgesehen davon, dass man sich unkreativ an Werbeslogans orientiert, mit denen Regierungen gerade die Bevölkerung dazu aufrufen, sich ruhig, möglichst in den eigenen vier Wänden und möglichst ohne Kontakte zu anderen Menschen zu verhalten, um die Corona-Pandemie einzudämmen, haben die Theatermacher wohl ihre Rolle verkannt: nichts zu tun ist sicher keine gute Lösung.
Keine Frage, der Verordnung, zu der Aufführungs- und Betretungsverbote zählen, ist zu entsprechen, die Situation ist sehr ernst, wir alle sind aufgerufen, uns auf unsere Vernunftbegabung zu besinnen und unseren Teil beizutragen. Sollen sich die Theaterleiter aber zurücklehnen und, abgesehen davon, dass sie zumindest proben dürfen, zuwarten, bis der Lockdown auch für die Kulturbetriebe irgendwann beendet wird?
Nach den Erfahrungen im Frühjahrslockdown wissen wir, dass die Ausübung von Kunst, obwohl in ihrer Freiheit ein verfassungsrechtlich geschütztes Gut, in Österreich nun einen äußerst geringen Stellenwert hat. Im behördlichen Verordnungstext werden Kulturbetriebe weiterhin nach den Bordellen angeführt. Nicht einmal die hohe wirtschaftliche Bedeutung ist ein überzeugendes Argument. Darauf gelte es hinzuweisen.
Sollte den Intendantinnen und Intendanten ihr Nichtstun dann doch verleiden, so seien sie etwa darauf verwiesen, dass es zahlreiche darbende freischaffende Künstler gibt, die um jeden Auftrag froh sind und ihnen Konzepte für kontaktlos anzubietende Projekte erarbeiten. Vom „Ort solidarischer Erfahrung“ ist im Intendantenbrief noch so schön die Rede. Theaterleiter müssten wissen, wie der Goethe-Satz von Worten und Taten lautet.
„Sollte den Intendantinnen und Intendanten ihr Nichtstun dann doch verleiden, so seien sie etwa darauf verwiesen, dass es zahlreiche darbende freischaffende Künstler gibt, die um jeden Auftrag froh sind und ihnen Konzepte für kontaktlos anzubietende Projekte erarbeiten.“
Christa Dietrich
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