„Ich möchte die Leute beteiligen“

Judith Reichart übernimmt die Leitung des Kulturamtes in der Landeshauptstadt.
Bregenz „Die erste große Herausforderung, mit der ich meine Arbeit beginnen werde, ist die Neupositionierung des Kulturamtes als Kulturservice“, erklärte Judith Reichart am Dienstagabend im Gespräch mit den VN. Im Anschluss an die Stadtratssitzung hatte Bürgermeister Michael Ritsch bestätigt, dass die Bregenzer Kunsthistorikerin der seit Herbst 2016 in dieser Funktion tätigen Jutta Dieing nachfolgt, von der sich die Stadt einvernehmlich getrennt habe. Abgesehen von der Umbenennung des Kulturamtes mit der Betonung einer Serviceeinrichtung stehen in der Landeshauptstadt einige Innovationen bevor, auf die die VN bereits in einem Beitrag am 23. Oktober hingewiesen haben, in dem erstmals thematisiert wurde, dass die Neubesetzung der Kulturamtsleitung in Bregenz ein Thema ist. Dieser Prozess kam nun bei der gestrigen Stadratssitzung zum Abschluss, bei der die Mehrheit der Stimmen für Reichart abgegeben wurde und nach der Bürgermeister Michael Ritsch verlauten ließ, dass man mit Reichart eine exponierte Kulturmanagerin gefunden habe, mit der das kulturelle Angebot der Stadt in verschiedenen Bereichen neu ausgerichtet werden könne.
Kultur erlebbar machen
Reichart war von 2005 bis 2016 ÖVP-Kulturstadträtin in Bregenz und kennt die Voraussetzungen. „Gemeinsam mit meinem Team und verschiedenen Partnern möchte ich die Landeshauptstadt wieder fest als Kulturhauptstadt in der Region und darüber hinaus verankern. Kultur ist eine der größten Stärken von Bregenz, dafür steht die Stadt, wir werden das spürbar machen“, erklärte sie gegenüber den VN weiter. Eckpunkte, die ihr persönlich sehr wichtig sind, seien ein „Qualitätsanspruch ohne Kompromisse“ sowie die Etablierung von neuen Kooperationsformen mit diversen Einrichtungen für eine lebendige und gut vernetze Kulturszene und eine professionelle Kommunikation, die für Kultur begeistert. Sie möchte, wie sie besonders betont, die Leute zu Beteiligten der Kultur machen: „Ich möchte einen wertschätzenden Umgang mit Kulturschaffenden und generell der Kultur gegenüber mit ganzer Kraft vorantreiben und spüre, dass die Sehnsucht jetzt sehr groß ist, gerade weil wir diese Erfahrung mit Corona gemacht haben, möchte ich Kunst und Kultur in Bregenz wieder erlebbar machen.“
Knappes Budget
Die Voraussetzungen sind, wie Beobachter des Geschehens erfahren konnten, nicht die besten. Während in Bregenz Festspiele mit enormer Bedeutung ausgerichtet werden, ist das operative Kulturbudget, das heißt, die Summe, die für ein Tanzfestival, Konzerte, Ausstellungen, weitere Aktivitäten und Kunstvermittlung zur Verfügung steht, nur mit etwa einer Million Euro zu beziffern. Impulse wurden in den letzten Jahren kaum noch gesetzt. „Ich werde in den nächsten Monaten hart arbeiten, viel zuhören und die Menschen einbinden“, kommentiert Reichart die Lage.
Wiederbelebung des Magazin 4
In einem konkreten Punkt lässt sich die Expertin, die in den letzten Jahren erfolgreich als Herausgeberin und Chefredakteurin des Magazins „Original“ sowie als Kuratorin und Kunstvermittlerin tätig war, in die Karten schauen. Die vom Publikum wie von vielen Künstlern bedauerte Schließung des Magazin 4 als Ort der Kunst ist ein Thema. Reichart: „Es wäre schön, diesen Ort der künstlerischen Auseinandersetzung neu zu definieren und für spannende zeitgenössische Positionen zu öffnen.“
„Wichtig ist mir die Etablierung neuer Kooperationsformen mit diversen Einrichtungen.“

Judith Reichart: „Kultur lebt von Menschen, die begeistert sind. Hier sind natürlich auch die Künstler gefordert.“. Petra Rainer
Zur Person
Judith Reichart
Geboren 1969 in Bregenz
Ausbildung Studium Kunstgeschichte und Philosophie in Innsbruck
Bisherige Laufbahn Freischaffende Kunsthistorikerin, Ausstellungskuratorin, Kulturstadträtin in Bregenz, Herausgeberin des Magazins „Original“, ehrenamtliche Tätigkeiten