Wissen sie, was sie tun?
Vor einigen Tagen beschloss die Bundesregierung, künftig den Studentinnen und Studenten an den österreichischen Universitäten Zeitlimits für ihre Prüfungsabschlüsse zu setzen. Zur Erfassung der Leistungen dient das sogenannte ECTS (European Credit Transfer and Accumulation System), ein Punkte-System, das an den europäischen Universitäten eingeführt wurde. Wenn es nach der Regierung geht, müssen Studierende künftig eine Mindestleistung von 16 ECTS-Punkten pro Jahr erbringen, ansonsten erlischt ihre Zulassung. Konkret: Sonst verlieren die Studierenden nach zwei Jahren die Berechtigung zum weiteren Studium in ihrem Fach. Damit will die Regierung kürzere Studiendauern erzwingen. Ein Wunsch, den die ÖVP schon lange hegt; ein Wunsch, der sich mir nicht erschließt. Denn warum sollten Studierende, die mehr Zeit für ihr Studium benötigen, schlechtere Studenten sein? Vielleicht verbringen sie ihre Zeit mit höchst sinnvollen Dingen, vielleicht lesen sie ganz einfach gute Literatur, die außerhalb ihres Fachgebietes liegt. Höchst erfreulich also. Vielleicht studieren sie ein zweites Fach, benötigen also mehr Zeit für jede Richtung – sind dafür aber umfassender gebildet. Oder sie müssen ganz einfach arbeiten, um ihr Studium zu finanzieren, womit weniger Zeit fürs Lernen bleibt. Ich weiß, dass die ÖVP auf solche Dinge keine Rücksicht nimmt, ich kann aber nicht verstehen, dass die Grünen da mitziehen. Haben sie wirklich so große Angst, dass die Koalition in die Brüche geht, hängen sie wirklich so an der Macht?
„Warum sollten Studierende, die mehr Zeit für ihr Studium benötigen, schlechtere Studenten sein?“
Von Wien nach Bregenz. Da sah sich der neue rote Bürgermeister Michael Ritsch schnell in der politischen Realität angekommen. Die Absetzung des bisherigen Stadtamtsdirektors und die Neubesetzung durch einen politischen Busenfreund sind im Stadtrat gescheitert, nun muss ausgeschrieben werden. Warum aber die Absetzung der bisherigen Kulturamtsleiterin und die Neubesetzung dieser Position durch die frühere Kulturstadträtin Judith Reichart klaglos über die Bühne ging, das können nur die Grünen im Stadtrat erklären. Denn die müssen mit den Roten gestimmt haben. Dabei gehört ein Posten dieser Wertigkeit natürlich genauso ausgeschrieben wie jener des Stadtamtsdirektors. Wer das anders sieht, der verkennt ganz offensichtlich die Wichtigkeit solcher Positionen für die Kultur.
Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.
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